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Montag, 24. April 2023

Niemand ist autochthon!

Warum wir Fremde nicht wie Feinde behandeln und Europa nicht einmauern dürfen. Plädoyer für ein besseres Leben mit einem Exkurs zum Wert neuer Freundschaften.
Zuletzt geändert am 14. Mai 2023
Najib und Jawad

Eine Vier­tel­stun­de lang darf ich Ihnen jetzt vor allem von Najib erzäh­len. Von einem Men­schen, den ich zufäl­lig ken­nen­ge­lernt habe. Aber was heisst das schon, zufäl­lig? Und was wäre anders, wenn es doch kein Zufall gewe­sen wäre, der uns – Najib und mich – zusam­men­ge­bracht hat. Und was heisst zusam­men-brin­gen? Mitt­ler­wei­le sind wir so weit aus­ein­an­der, dass das Wort zusam­men Sie, die Sie es hören, auf fal­sche Gedan­ken brin­gen könn­te. Und so lie­ße sich wei­ter fra­gen: was wären denn die rich­ti­gen Gedanken? 

Dazu nur so viel: Sie lie­gen rich­tig, wenn Sie davon aus­ge­hen, dass es einen Bezug zwi­schen Najibs Unglück und unse­rem Glück gibt. Wobei unser Glück natür­lich auch rela­tiv ist: wir befin­den uns in einem Bun­des­land, das mit der Lan­des­haupt­frau Mikl-Leit­ner einen Lan­des­haupt­frau-Stell­ver­tre­ter Land­bau­er und einen Land­tags­prä­si­den­ten Wald­häusl dul­det, zwei rechts­extre­me Poli­ti­ker also, die dazu ste­hen, dass Wiki­pe­dia sie eben so beschreibt: als rechts­extre­me Poli­ti­ker. Nicht nur des­we­gen lie­ße sich über unser Glück streiten. 

Aber ich woll­te ja von Najib erzäh­len. Und auch von Nawid und Jawad und von Ruh­la, die alle­samt – so weit bin ich sicher – nicht dort wären, wo sie heu­te sind, wenn wir in einem Land leb­ten, in dem die Mikl-Leit­ners und Wald­bau­er-Land­häusls­nicht gedul­det wür­den in sol­chen Ämtern.

Najib also! Ich habe im ers­ten Jahr der Pan­de­mie ein klei­nes Buch geschrie­ben: War­um wir Frem­de nicht wie Fein­de behan­deln dür­fen. Wer ist Najib?, fra­ge ich da. Und ant­wor­te mir selbst: 

„Najib ist die­ser Eine. Er ist der Flücht­ling, den wir ret­ten könn­ten. Öster­reich pun­ziert ihn als ‚Ille­ga­len‘, behan­delt ihn wie einen Feind, will ihn ver­trei­ben, macht ihn krank, sperrt ihn ein. Mit Achil­le Mbem­be kön­nen wir Najib als ‚Unver­si­cher­ba­ren‘ beschrei­ben, als einen, den die Welt abge­schrie­ben hat, des­sen Leben auf­ge­ge­ben wer­den kann.

Getrof­fen habe ich Najib zum ers­ten Mal in Paris. Neben einem Zubrin­ger der Stadt­au­to­bahn. Inmit­ten hun­der­ter Flücht­lin­ge, Afri­ka­ner vor allem und Afgha­nen. Und zwar vor dem Zelt, das er dort mit sei­nem Freund Jawad teil­te. In einem Face­book-Ein­trag habe ich die­se Begeg­nung damals, am 17. Okto­ber 2019, festgehalten:

„Gera­de kom­me ich von einer klei­nen Rei­se aus Frank­reich zurück. Ich habe dort Freun­de besucht, die bis vor weni­gen Wochen in Wien gelebt haben. Weil sie nicht nach Afgha­ni­stan abge­scho­ben wer­den woll­ten, ver­su­chen sie jetzt, in Paris zu über­le­ben. Irgend­wo neben der Auto­bahn. Im Zelt. Im Gatsch. Im Müll. Einer von ihnen hat mir gera­de die­ses klei­ne Video nach­ge­schickt. Als Erin­ne­rung. Er sagt, es sei­en ‚Tier‘, die sich da zwi­schen den Zel­ten bewegen.

Ich prä­zi­sie­re das ger­ne: es sind Ratten.“

In der Fol­ge haben wir noch ein paar Nach­rich­ten hin und her­ge­schickt. Dann höre ich län­ger nichts mehr von Najib. Am 27. Novem­ber 2019 sen­det er mir eine Sprach­nach­richt über den Facebook-Messenger:

„Ich bin in Besan­çon, eine Stadt. Ein Monat schon. Ich weiß nicht, was los. So schwer. So vie­le Pro­blem. 3 Mona­te in Paris. Nicht so gut. Öster­reich hat gesagt, Najib kommt zurück nach Öster­reich. Ich weiß nicht. Ich bin Dublin.“

Und so kommt es. Najib wird zurück nach Öster­reich depor­tiert. Er ist 2020 wie­der da, wo er vor über vier Jah­ren ange­kom­men ist: in Nie­der­ös­ter­reich, im Flücht­lings­la­ger Trais­kir­chen. Dort hat­te er am 29. Novem­ber 2015 „sei­nen ers­ten Antrag auf inter­na­tio­na­len Schutz“ gestellt, nach­dem er – so der Jar­gon – „ille­gal in das öster­rei­chi­sche Bun­des­ge­biet ein­ge­reist“ war.

Seit­her setzt Öster­reich alles dar­an, Najib das Leben schwer zu machen. Zuletzt will man ihn nun nach Afgha­ni­stan abschie­ben. Der Pan­de­mie sei Dank, dass das bis­lang nicht gelun­gen ist. In Frei­heit und Wür­de in Euro­pa zu leben, wäre anstren­gend und for­dernd für einen wie Najib; in Afgha­ni­stan wäre es unter den gege­be­nen Umstän­den gar nicht möglich.

Am 5. Mai 2020 mel­det er sich per Sprach­nach­richt: „Hal­lo Ernest. Wie geht es Dir? Alles gut? Ernest, ich bin jetzt in Poli­zei, ich bin jetzt hier: in St. Pöl­ten, Deport­cen­ter. Bit­te hel­fen drau­ßen. Bit­te. Bit­te hel­fen drau­ßen. Ernst. Ich bin in St. Pöl­ten. Deport Cen­ter.“ Wenig spä­ter erfah­re ich, dass Najib nach Wien über­stellt wur­de. In das Poli­zei­an­hal­te­zen­trum Ros­sau­er Lände.

Dort wird er 163 Tage lang ein­ge­sperrt. 163 Tage in einer Zel­le. Sel­ten unter­bro­chen von einem Hof­gang. Unbe­schol­ten. Wehr­los. Krank.

„It’s over“, schrei­be ich in einem Face­book-Ein­trag an die­sem 14. Okto­ber 2020 für alle jene, die mir gehol­fen haben, Najib zu unterstützen: 

„Fünf Mona­te plus zehn Tage ist Najib im Poli­zei­an­hal­te­zen­trum Ros­sau­er Län­de unschul­dig ein­ge­ses­sen. Vor zwei Stun­den haben wir uns dort von­ein­an­der ver­ab­schie­det – wie bei all mei­nen Besuch zuvor durch eine Glas­schei­be getrennt.

Mor­gen wird Najib – wie soll ich sagen – frei­wil­lig nach Afgha­ni­stan depor­tiert. Und zwar auf den Tag genau ein Jahr nach­dem ich ihm vor sei­nem Zelt im Flücht­lings­la­ger in Paris zum ers­ten Mal zufäl­lig begeg­net bin. 

Ein Jahr, in dem Najib Euro­pa all zu gut ken­nen­ge­lernt hat. Ein Euro­pa, das sich dar­auf geei­nigt hat, Frem­de wie Fein­de zu behan­deln. Ein Euro­pa, das unter­ge­hen wird, wenn es so wei­ter macht. Good luck, com­pa­ñe­ro! Wir kämp­fen weiter!“

Zwei Tage spä­ter, am 16. Okto­ber 2020, dann ein letz­ter Facebook-Eintrag:

„Heu­te früh um 06.00 Uhr hat mich Najib ange­ru­fen. Er ist in Kabul gelan­det. Sein beschei­de­nes Hab & Gut (zwei klei­ne Ruck­sä­cke mit Klei­dung und einem Han­dy­ka­bel) ist ver­lo­ren gegan­gen. Dar­in, so ver­mu­te ich, wohl auch die Ein­ser­pa­nier: auf sei­nen Wunsch hin hat­ten wir ihm in Wien noch neu­es Gewand & fes­te Schu­he gekauft. Jetzt besitzt er ver­mut­lich nur mehr das, was er gera­de am Leib trägt.“

Seit­her sind nun zwei­ein­halb Jah­re ver­gan­gen. Die letz­ten Res­te sei­ner mage­ren Deutsch-Kennt­nis­se hat Najib ver­lo­ren. Er schickt lan­ge schon kei­ne Sprach­nach­rich­ten mehr. Wir schrei­ben hin und wie­der. Viel Unver­ständ­li­ches, das er mit Hil­fe einer Über­set­zungs-App gene­riert. Es ist kompliziert. 

Sie könn­ten schon wie­der auf fal­sche Gedan­ken kom­men, wenn ich ein­fach erzäh­le, dass Najib heu­te in Kabul lebt (!). Sie könn­ten auf fal­sche Gedan­ken kom­men, wenn ich erzäh­le, dass Najib eine Frau gefun­den und gehei­ra­tet hat (!). Sie könn­ten auf fal­sche Gedan­ken kom­men, wenn ich Ihnen sage, dass Najib jüngst Vater gewor­den ist (!). Sie könn­ten den­ken, Ende gut, alles gut.

Nichts ist gut. Najib hat gehei­ra­tet, weil er hei­ra­ten muss­te. Weil eine Exis­tenz ohne Fami­lie nicht denk­bar ist, wie ihm sei­ne Schwes­ter erklärt hat, nach­dem sie ihm sei­ne Frau gesucht hat, um ihn auch vor den Tali­ban zu schützen. 

Najib hat sich ver­schul­det, weil er hei­ra­ten muss­te. Er muss­te sich verschulden. 

Mit sei­ner eige­nen Fami­lie und mit der sei­ner Schwes­ter lebt er seit­her auf zwei Zim­mern. Er ist arbeits­los. Er schluckt Medi­ka­men­te, wenn er sich denn wel­che leis­ten hat. Er ist depres­siv. Er hat alle Hoff­nung verloren.

Najib schreibt, dass er seit über einem Jahr ergeb­nis­los dar­auf war­tet, einen Pass­an­trag abge­ben zu dür­fen. Dass es kei­ne Arbeit gibt – für ihn nicht, so wie für vie­le ande­re auch nicht. Dass er immer wie­der ver­sucht, mit dem Nähen von Fahr­rad­sitz­über­zü­gen Geld zu ver­die­nen. Dass das aus die­sen oder jenen Grün­den meist nicht funk­tio­niert. Dass er an Tagen, an denen er Arbeit hat, 250 Afgha­ni ver­dient, umge­rech­net 2 Euro 50. Dass die Nah­rung sei­ner Toch­ter, ein Sril­ak genann­tes Milch­pul­ver, 100 Afgha­ni pro Tag kos­tet. Dass die Toch­ter im Win­ter drei Tage im Kran­ken­haus war und mit Sau­er­stoff behan­delt wur­de. Dass es sehr, sehr kalt war. Dass auch er auch sehr krank war und immer wie­der krank ist. 

Zuletzt, am Mon­tag erst, hat er mir geschrie­ben: „Hal­lo Herr Ernst, gute Gesund­heit, gute Fami­lie!“, hat er mich begrüßt. Und dann hat er wie­der erzählt, was ich längst weiß: dass sein Dasein aus­sichts­los ist!

„Ich bin krank seit ich aus Öster­reich gekom­men bin, mein Leben ist zer­stört, Öster­reich hat mich 5 Jah­re war­ten las­sen und am Ende als ich Depres­sio­nen hat­te haben sie mich zurück­ge­scho­ben. Ich habe seit dem Inter­view Angst bis jetzt. Zwei­mal schon sind die Tali­ban gekom­men. Ich habe Angst, Nach­rich­ten zu schrei­ben. Ich hab Stress, jetzt die­se Nach­ric­then zu schrei­ben. Wenn ich über mein Leben rede, es ist ein Druck auf mich. Ich kann nicht wei­ter­erzäh­len. Mein Leben ist nicht gut. Wie­der­se­hen, Herr Ernst.“

Was soll ich sagen? War­um und wie soll­te ich ihm noch Hoff­nung machen?

Ken­nen­ge­lernt habe ich Najib, weil ich Jawad in Paris gesucht hat­te. Und in Paris war ich, weil ich Nawid in Frank­reich auf­ge­stö­bert und schließ­lich in Varen­nes-Sur-Alli­er besucht hat­te. Ruh­la wie­der­um hat mir gehol­fen, Najib zu hel­fen, als der in Schub­haft war. Mit ande­ren Wor­ten: ein jeder von ihnen hat sich vor etwa sie­ben oder acht Jah­ren als Jugend­li­cher auf den Weg gemacht. 

Ein jeder hat Afgha­ni­stan ver­las­sen. Ein jeder hat es irgend­wie nach Öster­reich geschafft. Kei­ner hat sich etwas zu schul­den kom­men las­sen. Sie haben drei, vier, fünf Jah­re lang im abso­lu­ten Unge­wis­sen ver­sucht, sich ein Leben in Öster­reich auf­zu­bau­en. Also Deutsch zu ler­nen, irgend­wann arbei­ten zu dür­fen. Und Träu­me nicht mehr nur zu träumen. 

Nichts da! Öster­reich hat ihnen die­ses Men­schen­recht mit unfass­ba­rer Bru­ta­li­tät ver­wehrt. Man hat sie bedroht, man hat sie ein­ge­sperrt, man hat sie ver­trie­ben. (Nur in Klam­mer: Wie gut man sie hier hät­te brau­chen kön­nen, muss ich Ihnen wohl nicht erzäh­len. Auch Sie hören ja Tag für Tag die Kla­ge, dass nie­mand mehr arbei­ten will, dass die Gärt­ner und Gas­tro­no­men kei­ne Leu­te mehr fin­den. Klam­mer zu)

Jawad lebt heu­te in Deutsch­land, hat nach sie­ben Jah­ren Odys­see mitt­ler­wei­le einen Auf­ent­halts­ti­tel bekom­men, will als Gärt­ner end­lich offi­zi­ell und ange­stellt sein Geld ver­die­nen, hat ent­spre­chen­de Ange­bo­te, war­tet aber noch immer auf einen Stem­pel, der ihm erlaubt, die­se anzu­neh­men. Jawad sagt, die schöns­te Zeit sei­nes Lebens hät­te er in Öster­reich ver­bracht. Schu­le. Freun­de. Fuß­ball. Aber dann woll­te man ihn abschie­ben, nach Afgha­ni­stan. Und des­halb muss­te er wei­ter flüch­ten, nach Frank­reich erst und spä­ter, als man ihn dort wie­der los­ha­ben woll­te nach Deutsch­land. Das Schlimms­te, sagt Jawad über die­se Jah­re, sei das War­ten: ein hal­bes Leben habe er damit schon ver­bracht. Wie man war­tet? In dem man viel schläft und immer spa­zie­ren geht, sagt er.

Nawid lebt, nach­dem er in Öster­reich in Schub­haft war und wie­der frei­ge­las­sen wer­den muss­te, in Frank­reich. Ich habe ihn damals dort besucht, um ein Buch zu schrei­ben mit sei­ner Geschich­te. In die­sem Buch trifft man auch auf Najib und Jawad – man sieht sie gemein­sam vor ihrem Zelt im Gatsch, man sieht Jawad bei einer Ehrung als Sie­ger im Inte­gra­ti­ons­tur­nier „Von Kabul bis Wien“. Nawid jeden­falls ist in Frank­reich inzwi­schen immer­hin so sicher, dass es ihm gelun­gen ist, auch sei­ne Eltern und Geschwis­ter nach zu holen. So sess­haft, dass er gele­gent­lich Freun­de aus Wien empfängt.

Und schließ­lich Ruh­la. Der hat Freun­de in Öster­reich, die ihn über die Ber­ge nach Süd­ti­rol beglei­tet haben, weil er sonst heu­te auch in Afgha­ni­stan im Elend vege­tie­ren wür­de. In Ita­li­en muss er zwar seit fast zwei Jah­ren alle paar Mona­te viel Ener­gie inves­tie­ren, um wie­der jenes Papier gestem­pelt zu bekom­men, das sei­nen Auf­ent­halt lega­li­siert. Ansons­ten aber erfreut er sich sei­ner Kar­rie­re. Er ist in einem Luxus­ho­tel beschäf­tigt, in einem der teu­ers­ten des Lan­des. Als Nacht­por­tier hat­te man ihm dort am ers­ten Tag die Schlüs­sel zu allen Räum­lich­kei­ten des Hau­ses in die Hand gedrückt. Nach weni­gen Wochen schon hat man ihn dann auch tags­über als Kell­ner beschäf­tigt. Mit ande­ren Wor­ten: man hat ihm ver­traut, hat ihm Chan­cen gege­ben. Und Ruh­la hat sie genutzt. 

Wie es sei­nem klei­nen Bru­der heu­te geht, der allei­ne nach Istan­bul und nach leid­vol­len Jah­ren dort über das Mit­tel­meer nach Euro­pa gekom­men ist, erzäh­le ich viel­leicht ein ande­res Mal. 13 von 15 Minu­ten sind näm­lich jetzt um.

Zwei Minu­ten blei­ben also. Dass das offi­zi­el­le Öster­reich, dass die Poli­tik sich im Umgang mit geflüch­te­ten Men­schen nicht mit Ruhm bekle­ckert son­dern im Gegen­teil ganz beson­ders gars­tig ist, kann nie­man­den über­ra­schen. Schließ­lich dul­det die­ses Land die Mikl-Leit­ners, die Land­bau­ers, die Wald­häusls in ihren Ämtern. Damit müs­sen wir also kei­ne Zeit verschwenden. 

Aber, was mir noch wich­tig ist zu sagen: Najib, Jawad, Nawid, Ruh­la – sind mei­ne Freun­de! Und die­se Freun­de wur­den von den Mikl-Leit­ners und den Land­bau­er-Wald­häusls und deren Freund:innen aus die­sem Land vertrieben. 

Eine simp­le Tat­sa­che, die uns, also mei­ne Freun­de und mich, von den Mikl-Leit­ners und den Land­bau­er-Wald­häusls trennt, ist eine Erkennt­nis, die sich in drei Wor­ten fas­sen lässt: nie­mand ist auto­chthon! Wir wis­sen, dass wir alle nur vor­über­ge­hend auf unse­rer Erde sind, dass wir alle Gäs­te auf die­ser Welt sind und immer und über­all schon jemand vor uns da war. 

Wir wis­sen, dass Natio­nal­staa­ten kein Natur­pro­dukt, Gren­zen nicht ewig und Zäu­ne nicht unüber­wind­bar sind. Wir wis­sen, dass demo­kra­tisch ver­fass­te Staa­ten auf jene Bür­ger- und Men­schen­rech­te grün­den, die sie den Migran­ten und Flücht­lin­gen verweigern.

Wir wis­sen, dass die­ser Wider­spruch zwi­schen der staat­li­chen Sou­ve­rä­ni­tät einer­seits und der Ver­pflich­tung zu den Men­schen­rech­ten ande­rer­seits auf Dau­er nicht halt­bar ist. Wir wis­sen, dass neue Freund­schaf­ten, neue Model­le der Gast­freund­schaft uns hel­fen, ein gutes Leben für alle mög­lich zu machen. 

Ger­ne wür­de ich mit Ihnen genau dar­über noch spre­chen. Die ita­lie­ni­sche Phils­o­phin Donatel­la di Cesa­re öff­net uns mit ihrer Kon­zep­ti­on der „ansäs­si­gen Frem­den“ einen span­nen­den Blick in eine sol­che Zukunft der Gast­freund­schaft wenn sie schreibt: „Gemäß der poli­ti­schen Ver­fas­sung der Tho­ra sind alle Bür­ger Frem­de, und alle Ein­woh­ner sind Gäste/​Gastgeber.“ In jedem Migran­ten sei die Figur des „ansäs­si­gen Frem­den“ heu­te schon zu erkennen.

Und damit zum Schluss: Najib und mei­ne geflüch­te­ten, migrie­ren­den, umher­ir­ren­den Freun­de sind des­halb eine Pro­vo­ka­ti­on für die Mikl-Leit­ners und die Land­bau­er-Wald­häusls. Sie füh­ren ihnen näm­lich vor Augen, dass mit Blut und Boden kei­ne Zukunft mehr zu machen ist. 

Vor­ge­tra­gen am 21.4.2023 @ „Neue Freund­schaf­ten – It’s a Date“, Tan­gen­te, Fes­ti­val für Gegen­warts­kul­tur, St. Pölten
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