0
 0,00 EUR 0 Produkte

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

homeÜber die Herabwürdigung mancher Leben
Freitag, 29. Januar 2021

Über die Herabwürdigung mancher Leben

Zuletzt geändert am 11. Dezember 2023
145288743 10158488179869440 5470324190934604596 o

Ich glau­be, dass „hin­sicht­lich des Kom­pas­ses unse­rer Anlie­gen und unse­res Mit­ge­fühls die Mensch­heit als gan­ze kein zu wei­ter Hori­zont“ (Kwa­me Antho­ny Appiah) ist. Das unte­re Maß, das wir dies­be­züg­lich anle­gen müs­sen, hat die als Kind aus Litau­en geflüch­te­te US-ame­ri­ka­ni­sche Phi­lo­so­phin Judith Shklar so gesetzt: Grau­sam­keit ist das Schlimms­te was wir ein­an­der antun kön­nen, das Schlimms­te was uns wider­fah­ren kann. „Es gibt nichts, was Grau­sam­keit und Ernied­ri­gung wett­ma­chen könnte.“

Allein des­halb dür­fen wir Frem­de also nicht wie Fein­de behan­deln. Ganz im Gegen­teil: wir müs­sen Teil­ha­be für alle ermög­li­chen. Wir müs­sen Wahl‑, Bür­ger- und Staats­bür­ger­schafts­rech­te eben­so neu fas­sen wie die Rechts­grund­la­gen für Migra­ti­on, Zuwan­de­rung und Asyl. Doch bis wir all das geschafft haben, wird Zeit ver­ge­hen. Viel Zeit ver­mut­lich. Und des­halb braucht es jetzt ein Hier­blei­be­recht: wir müs­sen allen Men­schen, die seit drei Jah­ren bei und mit uns leben, eine Per­spek­ti­ve geben. Wir dür­fen sie nicht län­ger im Lim­bo hän­gen las­sen. Im Übri­gen bin ich davon über­zeugt, dass wir die grund­le­gen­de Idee und die viel­fäl­ti­gen Kon­zep­tio­nen der Gast­freund­schaft dis­ku­tie­ren, in der Pra­xis aus­bau­en, pro­pa­gie­ren müs­sen – mit der Per­spek­ti­ve, sie womög­lich von der Aura der Groß­zü­gig­keit, des Gna­den­ak­tes zu befrei­en und sie als ein jedem zuste­hen­des Recht auf Gast­freund­schaft zu institutionalisieren.

Gera­de jetzt, in den Zei­ten der Pan­de­mie, wird allent­hal­ben über den Wert der Leben im Ein­zel­nen und des Lebens im All­ge­mei­nen phi­lo­so­phiert und geur­teilt. Und ein­mal mehr zeigt sich da, was ohne­hin immer zu ver­mu­ten ist – die Kluft zwi­schen Anspruch und Rea­li­tät ist unfass­bar groß. Hier die Theo­rie der­zu­fol­ge der Wert des ein­zel­nen (Über-)Lebens heu­te mit einem welt­wei­ten Shut­down und der dar­aus resul­tie­ren­den Welt­wirt­schafts­kri­se auf­ge­wo­gen wird. Und dort die Pra­xis der Grau­sam­keit mit der die Leben etwa in Moria und all den ande­ren Flücht­lings­la­gern geop­fert wer­den. Müss­ten nicht eigent­lich, frag­te der Sozio­lo­ge Ste­phan Les­se­nich in einem Text über die „Coro­ni­fi­zie­rung des Poli­ti­schen“ (SZ), „die Men­schen in den Flücht­lings­la­gern an der euro­päi­schen Peri­phe­rie ganz vor­ne ran­gie­ren auf der sozi­al­po­li­ti­schen Prio­ri­tä­ten­ska­la?“ Sein Schluß: „Ver­wund­bar ist, wer zu uns gehört“.

Ganz offen­kun­dig sind eben doch nicht alle Men­schen­le­ben gleich viel wert. Wäh­rend sich in Deutsch­land vie­le Dut­zend und auch in Öster­reich zahl­rei­che Gemein­den und Lokal­po­li­ti­ke­rin­nen bereit erklärt haben, Men­schen und ins­be­son­de­re unbe­glei­te­te Kin­der aus die­sen Lagern auf­zu­neh­men und zu ver­sor­gen, tor­pe­die­ren staats­tra­gen­de Par­tei­en und deren Staats­män­ner all die­se Bemü­hun­gen. Und zwar auf Basis eis­kal­ter Kalkulation.

„Jeder Spalt und erst recht jeder Wider­spruch zwi­schen der Wert­schät­zung des Lebens im All­ge­mei­nen und der Her­ab­wür­di­gung man­cher Leben im Beson­de­ren ist für eine mora­li­sche Öko­no­mie des Lebens in den Gesell­schaf­ten der Gegen­wart von Bedeu­tung“, ermahnt uns Didier Fas­sin über „die Fra­ge der unglei­chen Leben nach­zu­den­ken“. Zwar mache das Auf­de­cken der Wider­sprü­che, von denen die mora­li­sche Öko­no­mie des Lebens durch­drun­gen ist, unse­re Gesell­schaft noch nicht gerech­ter; aber immer­hin gebe sie den­je­ni­gen Waf­fen an die Hand, die dafür kämp­fen wol­len, sie gerech­ter zu machen.

So möge die­ses Buch zum Nach­den­ken anre­gen, Hin­wei­se zum Wei­ter­le­sen anbie­ten und das eine oder ande­re Argu­ment lie­fern, das sich im Kampf für eine gerech­te­re Welt bewäh­ren könn­te. Weil es ein­fa­che Lösun­gen für die gro­ßen Pro­ble­me der Welt nicht gibt, wer­den sol­che hier nicht ange­bo­ten – mit die­ser einen Ausnahme: …

WARUM WIR FREMDE NICHT WIE FEINDE BEHANDELN DÜRFEN

 12,00

“Es macht kei­nen Sinn mehr, zwi­schen Flucht und Wirt­schafts­mi­gra­ti­on zu unter­schei­den. Mil­lio­nen von Men­schen müs­sen ihre Hei­mat ver­las­sen, weil Not und Hoff­nungs­lo­sig­keit sie dazu zwin­gen. ‘Verzweiflungsmigrant_​innen’, nennt die Men­schen­rechts­pro­fes­so­rin Jac­que­line Bhab­ha jene, die ‘den Ein­druck haben, dass Mobi­li­tät der ein­zi­ge Aus­weg aus einem Leben in unend­li­chem Man­gel, Lei­den und Chan­cen­lo­sig­keit dar­stellt’. Ihnen ‘soll­te das Recht… 

SKU: B01
Cate­go­ry:
Teilen Sie diesen Beitrag
© 2024 blinklicht media lab
blinklicht medien rat & tat gmbh
Heinestraße 34/1b
1020 Wien
UID: ATU 62892007
FN: 283345i
usercartmagnifiermenu-circlechevron-down-circle
linkedin facebook pinterest youtube rss twitter instagram facebook-blank rss-blank linkedin-blank pinterest youtube twitter instagram