Aus dem Nichts taucht eine 30köpfige Reisegruppe aus China unter der Reichsbrücke auf. Ein paar Schritte hierhin, ein paar Blicke dorthin, schon ist die ideale Fotoposition gefunden. Das Ritual beginnt: Jeder einzelne stellt sich so ans Ufer der Donau, dass im Hintergrund der weiße Hochhausturm von Harry Seidler in den blauen Himmel ragt. Knips, ich war hier.
Was aber, so fragten wir, treibt diese Menschen an genau diesen Ort? Ganz einfach, erklärt ein Besucher: Dies hier sei die Grenze zwischen West und Osteuropa. Auf ihrer Reise von Paris über Rom, Venedig und Klagenfurt ist Wien daher eine wichtige Station. Genau zehn Minuten hält ihr Bus hier an der Donau. Morgen geht es weiter nach Prag und übermorgen wieder heim nach Bejing.
Zohar Rusou und ihr Mann warten beim IMPORT/EXPORT-Container auf die Ankunft des Hundertwasser-Schiffes MS Vindobona. Frau Rusou hat die falschen Schuhe eingepackt, ist also derzeit nicht gut zu Fuß – was liegt da näher als der Transport auf der Donau? Die in Israel lebende Psychologin arbeitet gerade an ihrer Dissertation, in der sie analytischen und intuitiven Entscheidungsprozessen auf den Grund geht. Dass nur wenige israelische Staatsbrüger den Weg nach Österreich finden, führt sie auf eine Werbelücke zurück: Österreichs Tourismusindustrie müsste diese Schönheiten in ihrer Heimat besser vermarkten, glaubt Frau Rusou.
Edward Molloy und seine Frau kommen aus Irland. Vier Tage lang sind sie in Wien, um ihre Nichte zu besuchen. Die junge Dame lebt sie vier Jahren schon hier, in einem Haus in den Weinbergen vor den Toren der Stadt. Warum? Weil ihr Mann hier Arbeit gefunden hat, eine Fixanstellung als Golflehrer.