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Dienstag, 26. November 2019

WIR. HIER UND JETZT: Lesung am Brigittaplatz

Zuletzt geändert am 23. Oktober 2022
Nawid ist weg. Aber wir erinnern immer wieder an ihn. Diesmal bei einer Lesung im Wiener Pensionistenwohnhaus am Brigittaplatz.

On the road again. Nach­dem wir im Früh­jahr mit den bei­den Bän­den von WIR. HIER UND JETZT eine erfolg­rei­che ers­te Tour­nee durch die Wie­ner Pen­sio­nis­ten­klubs absol­viert haben, gehen wir nun in die zwei­te Run­de: ver­gan­ge­nen Don­ners­tag (21. Okto­ber) waren wir im Haus Bri­git­ten­au (1200) zu Gast, die­se Woche wer­den wir im Pen­sio­nis­ten­klub in der Tabor­stra­ße (1020) vor­le­sen, erzäh­len und dis­ku­tie­ren. Wie vor einem hal­ben Jahr schon ste­hen auch dies­mal Zahra Hash­i­mi und Lou­ja­in Jbeil vor­le­send im Mit­tel­punkt der Auf­merk­sam­keit. Nawid Nade­ri, der uns bis­her bei fast allen ein­schlä­gi­gen Auf­trit­ten beglei­tet hat, ist lei­der nicht mehr dabei: nach­dem er fast vier Jah­re lang ver­sucht hat, aus sei­nem Leben in Wien das Bes­te zu machen und dabei unüber­seh­bar das Bes­te gege­ben hat, woll­te man ihn nun nach Afgha­ni­stan abschie­ben. Dem konn­te er nur durch eine Flucht aus Öster­reich entgehen. 

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„Nawid nahm oft an ‚Wir. Hier und jetzt‘-Lesungen teil, und das hat mich auch inter­es­siert. Er hat mich mit­ge­nom­men, und wir waren bei vie­len Lesun­gen dabei.“

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„Vom ers­ten Mal, als ich ihn auf der Büh­ne sah, bis zu dem Tag, als ich ihn im Gefäng­nis besuch­te, hat­te er immer ein Lächeln im Gesicht, das sich nie änderte.“

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„Das Leben eines Flücht­lings in einem neu­en, frem­den Land mag für jeman­den, der in Frie­den lebt, schwer vor­stell­bar sein. Denn für so jeman­den ist es ja selbst­ver­ständ­lich, dass man in Sicher­heit lebt, arbei­tet und gutes Essen bekommt. Aller­dings wird in ande­ren Län­dern jeden Tag dafür gekämpft, Frie­den, Gerech­tig­keit, Sicher­heit und Demo­kra­tie zu bekom­men. Ich habe in Syri­en haut­nah erlebt, wie Men­schen auf der Stra­ße erschos­sen wur­den. Wie Men­schen auf fried­li­chen Demons­tra­tio­nen star­ben. Wie ein blu­ti­ger Krieg begon­nen hat. Ich weiß noch immer nicht, wer gegen wen kämpf­te, aber was jeder von uns erlebt hat, war der Ver­lust von Fami­li­en­mit­glie­dern, von Ver­wand­ten oder lie­ben Freun­den. Kof­fer wur­den gepackt, und wir mach­ten uns auf den Weg, weil jede Hoff­nung auf eine Ver­bes­se­rung die­ser Lage genau­so wie jedes lächeln­de Gesicht verschwand.“

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„Im August hat sich Nawid von uns ver­ab­schie­det. Hier, in Öster­reich, konn­te er nicht blei­ben, weil ihn unser Rechts­staat nach Afgha­ni­stan schi­cken woll­te. Dort woll­te er nicht hin, weil er – aus vie­len guten Grün­den – um sein Leben fürch­tet. So hat er sich nach mehr als 1.000 schö­nen und schwe­ren Tagen in Öster­reich ver­zwei­felt und ver­ängs­tigt wie­der auf den Weg gemacht. Und wir, sei­ne Freun­din­nen und Freun­de in Öster­reich, haben das Nach­se­hen. Wir haben ver­sagt. Es ist uns nicht gelun­gen, dem jun­gen Nawid ein wür­di­ges Leben in der Sicher­heit unse­res Hei­mat­lan­des zu ermöglichen.“

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„Er hat gleich­zei­tig in 4 Thea­ter­grup­pen gespielt und nahm an zahl­rei­chen frei­wil­li­gen Akti­vi­tä­ten teil, was mich sehr beein­druckt hat. Er hat sich sehr gut inte­griert, er hat es ver­dient, in Öster­reich zu blei­ben. Es tut mir echt leid, wenn Leu­te wie Nawid, deren Zukunft so unsi­cher ist, trotz all ihrer Akti­vi­tä­ten abge­scho­ben wer­den oder flüch­ten müssen.“

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„Nawid war ein net­ter, freund­li­cher und hilfs­be­rei­ter Mensch mit einer guten Aus­strah­lung, der eine ein­zi­ge, aber gro­ße Schuld trägt: Er ist aus Afgha­ni­stan geflüch­tet. Als ich ihn ken­nen­ge­lernt habe, hat­te er noch kei­nen posi­ti­ven Asyl­be­scheid, obwohl er schon drei Jah­re in Öster­reich leb­te. Aber ich war über­zeugt davon, dass er bald einen bekom­men wür­de. Ich mei­ne, er war in der Schu­le, hat eine Leh­re begon­nen und war mit einer Thea­ter­grup­pe unter­wegs. Im Juli stell­te sich aber her­aus, dass er von Öster­reich nach Afgha­ni­stan abge­scho­ben wer­den wür­de, weil es angeb­lich ein fried­li­ches Land wäre.“

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