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Dienstag, 06. Juni 2023

Immer weitertun

Roberta Lazo Valenzuela (32), Künstlerin, Komponistin und Sängerin aus Santiago de Chile, lebt in Lilienfeld im Traisental.
Zuletzt geändert am 6. Juni 2023
"Mir geht es einfach um ein tieferes Verständnis der sogenannten Realität."

Mei­ne Arbeit ist ein­fach. Und genau des­halb so schwer zu erklä­ren. Im Grun­de ver­su­che ich, Sachen zu ver­ste­hen, die man nicht ver­ste­hen kann. Man hat Momen­te, wo man mit sich allei­ne ist und über das Leben nach­denkt. Ich kon­fron­tie­re mich mit Momen­ten, in denen es still ist. Da stel­len sich Fra­gen nach der Exis­tenz: war­um das alles? Ich suche dabei aber kei­ne Ant­wor­ten. Wenn ich mer­ke, dass ich einer Ant­wort nahe­kom­me, dann bin ich viel­leicht zuvor irgend­wo falsch abge­bo­gen. Mir geht es ein­fach um ein tie­fe­res Ver­ständ­nis der soge­nann­ten Realität.

Die The­men sind unter­schied­lich. Am Bei­spiel eines Rau­mes: wenn es kei­ne Möbel gibt, spürt man das irgend­wie. Ange­nom­men es steht ein Tisch in die­sem Raum. Was pas­siert, wenn wir die­sen Raum ver­las­sen? Der Tisch bleibt ein Objekt – mit oder ohne uns. Wir nut­zen die­sen Tisch Tag für Tag. Aber was pas­siert in dem Moment, wo wir den Tisch hin­ter uns las­sen? Der Tisch bewohnt den Raum. Wir sind nur Tou­ris­ten. Mei­ne Arbeit schafft Bewusst­sein für sol­che Verbindung.

Mein Vater ist Künst­ler. Er kommt von der Male­rei, hat sich aber über Musik und Sound­in­stal­la­tio­nen neue Arbeits­fel­der geschaf­fen. Wir arbei­ten mit sub­ti­len Ele­men­ten, abge­se­hen davon aber ganz unter­schied­lich. Er lernt neue Din­ge und ist digi­tal unter­wegs. Ich bin ana­log gepolt, muss die Din­ge angrei­fen kön­nen. Aber natür­lich hat mein Vater gro­ßen Ein­fluss auf mich – obwohl ich ver­su­che, das nicht so zu sehen.

Ich ent­stam­me einer typi­schen moder­nen Fami­lie: Eltern geschie­den, zwei Halb­ge­schwis­ter, der Bru­der ist zehn Jah­re älter, die Schwes­ter fast 20 Jah­re jün­ger als ich. Musik war zuhau­se wich­tig. Rock, Beat­les, Klas­sik, alte Musik – wir haben immer irgend­was gehört. Als Vier­jäh­ri­ge habe ich mit Gei­ge begon­nen. Spä­ter kamen Kla­vier und Cel­lo dazu. Im Kla­vier­un­ter­richt wur­de klar, dass ich kei­ne Inter­pre­tin bin. Ich bin zu unge­dul­dig. Wenn ich ein Stück üben soll­te, habe ich es lie­ber ver­än­dert. So bin ich Kom­po­nis­tin gewor­den und habe in Sant­ia­go den Bache­lor in Kom­po­si­ti­on gemacht.

Roberta Lazo Valenzuela
„Mei­ne Arbeit ist ein­fach. Und genau des­halb ist so schwer zu erklären.“

Anschlie­ßend kam ich als Au-pair nach Frei­burg im Breis­gau. Der Zufall woll­te, dass eine Kom­po­nis­tin, mit der ich in Kon­takt war, auch in Frei­burg leb­te: Caro­la Bauck­holt, Pro­fes­so­rin für Kom­po­si­ti­on und zeit­ge­nös­si­sches Musik­thea­ter an der Bruck­ner Uni in Linz. Bei ihr habe ich ein Mas­ter­stu­di­um absol­viert, das inten­si­ver war als alles, was ich zuvor in Sant­ia­go erlebt hat­te. Unse­re Klas­se war aus der hal­ben Welt zusam­men­ge­wür­felt. Die­se Mischung hat mir gut getan. Dazu kam, dass Caro­la immer inter­es­san­te Leu­te ein­ge­la­den hat, Avant­gar­de eben. Unser Arbei­ten war frei, sehr expe­ri­men­tell. Das hat mich auf mei­nen Weg gebracht. Dazu habe ich dann in Wien noch einen Mas­ter in Trans­Arts gemacht. 

Frei­heit wur­de mein The­ma. Ange­fan­gen bei Video, spä­ter mit Ani­ma­ti­on. Ich habe Ele­men­te des Thea­ters inte­griert, mit Tän­zern gear­bei­tet und seit­her ein­fach nicht mehr auf­ge­hört. Ich sin­ge eige­ne Kom­po­si­tio­nen, habe drei Alben ver­öf­fent­licht, bin in vie­len euro­päi­schen Län­dern sowie in Chi­le tätig und auch mit mei­nen visu­el­len Arbei­ten prä­sent. Mein Trick: ich muss ein­fach immer wei­ter­ma­chen. Wür­de ich das nicht tun, käme die Angst, kämen die Fra­gen. Was soll das? Was tue ich da? So aber blei­be ich immer neu­gie­rig, wohin mich das Wei­ter­tun noch füh­ren wird.

auf­ge­zeich­net von Ernst Schmie­de­rer; ver­öf­fent­licht in: Kunst­stoff 41/2023
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