Zur Welt gekommen bin ich in Oxford. Schon als ich drei Monate alt war, haben mich meine Eltern auf einer sechs Wochen langen Schiffsreise nach Melbourne übersiedelt. Dort bin ich aufgewachsen, habe am Victorian College of the Arts Musik studiert und 1985 anläßlich ihres Besuches in Australien sogar für Charles and Lady Di musiziert.
Ein paar Jahre später – ich hatte gerade mit José Carreras und dem Australien Pops Orchestra Konzerte in Australien und anschließend mit dem Melbourne Chamber Orchestra in Südkorea und Italien gespielt – wollte ich mich vor der Rückreise noch zwei Wochen lang Wien umschauen. Das war 11992. Und jetzt bin ich immer noch. Genauer gesagt: ich lebe seit 15 Jahren in Eichgraben, unterrichte seit 26 Jahren an der Musikschule in Waidhofen, bin als Stehgeiger und Dirigent mit dem Linzer Johann Strauss Ensemble und seit kurzem nun auch mit dem Russell McGregor Orchestra in aller Welt unterwegs. Außerdem spiele ich mein Leben lang schon leidenschaftlich Tennis. Also fad wird mir nicht.
Als ich vor 30 Jahren entschied, in Österreich zu bleiben, hatte ich in Melbourne noch zwei Baustellen offen. Zum einen musste ich mein Haus verkaufen, zum anderen musste ich mein Instrument bezahlen. Damals hatte mir mein Geigenbauer vor der Tournee eine Geige angeboten, die ich erst nicht einmal anschauen wollte, weil ich sie mir ohnehin nicht leisten konnte: ein super Instrument, 1697 gebaut von Carlo Giuseppe Testore. Mit viel gutem Zureden habe ich mich dann überzeugen lassen und das gute Stück leihweise mit auf die Reise genommen.
Nun bin ich eigentlich kein Geigen-Freak. Aber ab dem Moment, wo ich sie zum ersten Mal gespielt habe, war mir klar, dass ich die haben muss. Ich hatte davor schon Stradivaris gespielt – das war aber nichts für mich. Die Testore hingegen war und ist bis heute wunderbar. Sie ist nicht nur über 300 Jahre alt, sie ist auch ziemlich wertvoll. Aber nachdem sie registriert und gut versichert ist, kann ich sie überall spielen. Ich trete damit sogar in Pubs und Bars auf. Im Dezember bin ich wieder mit dem Johann Strauss Ensemble unterwegs. Erst geht‘s nach Athen, anschließend für zehn Tage quer durch Rumänien. Für diese Tournee wird ein eigener Security-Mann engagiert, nur für die Geige.
2018 hatte ich wieder einmal in Australien zu tun und habe auch meinen Geigenbauer wieder besucht – der mir auch diesmal etwas Besonderes zeigen wollte: ein Notenkonvolut vom deutschen Kapellmeister Karl Reither, eine antiquarische Rarität, 292 seltene, kaum noch gehörte Musikstücke, aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Darunter auch Originale aus der Familie Strauss. Salonmusik, Heurigenmusik. Ich hab das Bündel damals in der Garage meines Geigenmannes durchgeschaut und wusste, die müssen nach Wien. Also habe ich sie gekauft, mit dem Schiff nach Europa und schließlich in mein Haus nach Eichgraben gebracht. Was mir dann noch gefehlt hat, war ein passendes Orchester. Und so kam das Russell Mc Gregor Orchestra in die Welt. Wir spielen Walzer und Wiener Lieder, Ouvertüren und Auszüge aus Opern.
Besonderen Wert lege ich bei all meinen Auftritten neben der Qualität der Musik und einer perfekten Aufführung auf die Nähe zum Publikum. Immer ist die Bühne höher und das Publikum muss rauf schauen. Um diese Distanz zu überwinden, spiele ich meine Geige immer mit dem Rücken zum Orchester. Dabei dirigiere ich auch und habe das Publikum im Blick. Ich achte darauf, dass der Saal zu 80 Prozent beleuchtet ist. Ich moderiere, ich rede viel aus dem Stegreif. Wenn jemand zu spät in den Saal kommt, mache ich auch mal einen Witz: wir fangen für Sie gleich noch mal von vorne an. Über die Jahre ist es mir so gelungen, eine Beziehung zu meinem Publikum aufzubauen, wie man es sonst eher aus Rock und Pop kennt. Ich unterhalte die Leute. Sie haben Spaß und machen Selfies. Das hätte dem Schani Strauss sicher auch gefallen.
Aufgezeichnet von Ernst Schmiederer