Ich war 35 und erfolgreich im ORF tätig. Ich hatte drei Töchter, eine wunderbare Frau, ein Haus in Wien und viele, viele Freunde. Und mit einem Mal wurde mir klar, dass das so nicht weitergehen darf. Sollte ich immer wieder mitansehen, wie verdienstvolle Kollegen infolge politischer Einflußnahme, eines Geschäftsführerwechsels oder persönlicher Mißlaune eines Vorgesetzten zu weißen Elefanten gemacht wurden, zu Arbeitslosen mit hohem Einkommen? Sollte ich mich in meiner Pragmatisierung einrichten, mich mit der Langeweile arrangieren? Sollte ich mich darauf vorbereiten, dereinst selbst als weißer Elefant über den Küniglberg zu wandeln? In dieser Stimmung habe ich einen Pakt mit mir geschlossen: Bis zu meinem 50. Lebensjahr arbeite ich für meine Familie. Aber wenn alle Kinder auf eigenen Beinen stehen, werden meine Frau und ich das machen, was wir wollen. Dann werden wir ins Ausland gehen.
Also habe ich gearbeitet. Als Hauptabteilungsleiter und gewerberechtlicher Geschäftsführer im ORF. Als Selbständiger habe ich mich an einer internationalen Werbeagentur beteiligt und eine eigene Fernsehproduktionsfirma aufgebaut. Ich wurde Programmchef bei „Wien 1“, dem ersten österreichischen Privat-TV. Schließlich sind wir ins Ausland gegangen. Pünktlich zum 50. Geburtstag. Nachdem die drei Töchter reifegeprüft waren.
Nun kitzelt uns jeden Morgen die Sonne wach. In unserer gated community genießen wir die Annehmlichkeiten des amercian way of life, mit Fitness Studio und Pool. Am Weg zur Arbeit gibt es keine Staus, alles gleitet, niemand hupt. Verglichen mit europäischen Standards sind die Büros wenig repräsentativ. Dafür macht der Job Spaß. Als Vice President bin ich in einem Baustoffunternehmen für Finanzierung, Werbung, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Alles ist neu, kein Tag verläuft wie der vorherige. An 355 Tagen scheint die Sonne und die Menschen sind großartig freundlich. Ganz ehrlich: Mir ist die oberflächliche Freundlichkeit wesentlich lieber als die grundehrliche Unfreundlichkeit.
Mit Wien, mit Österreich habe ich natürlich nicht abgeschlossen. Wer weiß, was noch vor mir liegt. Wien ist eine großartige Stadt, der Vergleich mit anderen Städten wird einen lebenslang sicher machen. Dass mir dieser Tage im Rathaus das „Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien“ verliehen wurde, ehrt mich. Dass Maximilian Schell die Laudatio gehalten hat, freut mich ganz besonders: Film und Fernsehen waren für 30 Jahre wesentliche Bestandteile meines Lebens. Und Schell – Österreichs einziger Oscar-Preisträger und dazu noch siebenfach für den Oscar nominiert – ist die wahre Lichtgestalt dieser Branche.