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Donnerstag, 19. Juli 2007

Wem die Sonne lacht

Walter Amon
Der 53jährige Walter Amon war im ORF als Hauptabteilungsleiter lebensversichert. Heute stellt er in Amerika Baustoffe her.


Ich war 35 und erfolg­reich im ORF tätig. Ich hat­te drei Töch­ter, eine wun­der­ba­re Frau, ein Haus in Wien und vie­le, vie­le Freun­de. Und mit einem Mal wur­de mir klar, dass das so nicht wei­ter­ge­hen darf. Soll­te ich immer wie­der mit­an­se­hen, wie ver­dienst­vol­le Kol­le­gen infol­ge poli­ti­scher Ein­fluß­nah­me, eines Geschäfts­füh­rer­wech­sels oder per­sön­li­cher Miß­lau­ne eines Vor­ge­setz­ten zu wei­ßen Ele­fan­ten gemacht wur­den, zu Arbeits­lo­sen mit hohem Ein­kom­men? Soll­te ich mich in mei­ner Prag­ma­ti­sie­rung ein­rich­ten, mich mit der Lan­ge­wei­le arran­gie­ren? Soll­te ich mich dar­auf vor­be­rei­ten, der­einst selbst als wei­ßer Ele­fant über den Künigl­berg zu wan­deln? In die­ser Stim­mung habe ich einen Pakt mit mir geschlos­sen: Bis zu mei­nem 50. Lebens­jahr arbei­te ich für mei­ne Fami­lie. Aber wenn alle Kin­der auf eige­nen Bei­nen ste­hen, wer­den mei­ne Frau und ich das machen, was wir wol­len. Dann wer­den wir ins Aus­land gehen.
Also habe ich gear­bei­tet. Als Haupt­ab­tei­lungs­lei­ter und gewer­be­recht­li­cher Geschäfts­füh­rer im ORF. Als Selb­stän­di­ger habe ich mich an einer inter­na­tio­na­len Wer­be­agen­tur betei­ligt und eine eige­ne Fern­seh­pro­duk­ti­ons­fir­ma auf­ge­baut. Ich wur­de Pro­gramm­chef bei „Wien 1“, dem ers­ten öster­rei­chi­schen Pri­vat-TV. Schließ­lich sind wir ins Aus­land gegan­gen. Pünkt­lich zum 50. Geburts­tag. Nach­dem die drei Töch­ter rei­fe­ge­prüft waren.
Nun kit­zelt uns jeden Mor­gen die Son­ne wach. In unse­rer gated com­mu­ni­ty genie­ßen wir die Annehm­lich­kei­ten des amer­ci­an way of life, mit Fit­ness Stu­dio und Pool. Am Weg zur Arbeit gibt es kei­ne Staus, alles glei­tet, nie­mand hupt. Ver­gli­chen mit euro­päi­schen Stan­dards sind die Büros wenig reprä­sen­ta­tiv. Dafür macht der Job Spaß. Als Vice Pre­si­dent bin ich in einem Bau­stoff­un­ter­neh­men für Finan­zie­rung, Wer­bung, Mar­ke­ting und Öffent­lich­keits­ar­beit zustän­dig. Alles ist neu, kein Tag ver­läuft wie der vor­he­ri­ge. An 355 Tagen scheint die Son­ne und die Men­schen sind groß­ar­tig freund­lich. Ganz ehr­lich: Mir ist die ober­fläch­li­che Freund­lich­keit wesent­lich lie­ber als die grund­ehr­li­che Unfreundlichkeit.
Mit Wien, mit Öster­reich habe ich natür­lich nicht abge­schlos­sen. Wer weiß, was noch vor mir liegt. Wien ist eine groß­ar­ti­ge Stadt, der Ver­gleich mit ande­ren Städ­ten wird einen lebens­lang sicher machen. Dass mir die­ser Tage im Rat­haus das „Gol­de­ne Ver­dienst­zei­chen des Lan­des Wien“ ver­lie­hen wur­de, ehrt mich. Dass Maxi­mi­li­an Schell die Lau­da­tio gehal­ten hat, freut mich ganz beson­ders: Film und Fern­se­hen waren für 30 Jah­re wesent­li­che Bestand­tei­le mei­nes Lebens. Und Schell – Öster­reichs ein­zi­ger Oscar-Preis­trä­ger und dazu noch sie­ben­fach für den Oscar nomi­niert – ist die wah­re Licht­ge­stalt die­ser Branche.

auf­ge­zeich­net von ES; ver­öf­fent­licht in: Die Zeit, Nr. 29/2007
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