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Dienstag, 21. August 2007

Stadt der Plakate

Seit 18 Jahren lebt der 49jährige Martin Strauß als Künstler in Wien – gern und nicht zuletzt, weil die Stadt so reich an Plakatflächen ist.
Zuletzt geändert am 9. Dezember 2023
Martin Strauß


Aus­ge­bil­det bin ich als Künst­ler und Phi­lo­soph. Oben­drein betä­ti­ge ich mich auch als Autor und mit­un­ter als Dozent an der Uni. Bei all­dem beschäf­tigt mich der öffent­li­che Raum: Public Art, ein Schlag­wort aus den acht­zi­ger Jah­ren, beschreibt gut, was mich umtreibt. Als Künst­ler fin­de ich die Nähe zum Publi­kum natür­lich sehr attrak­tiv. Egal, ob ich einen klei­nen Park gestal­te oder eine Skulp­tur in der Stadt plat­zie­re – die Men­schen sehen mei­ne Arbeit, ohne eine Gale­rie auf­su­chen zu müssen.
Dass ich in Öster­reich lebe hat mein künst­le­ri­sches Akti­ons­feld deut­lich geprägt: Einer­seits wird „öffent­li­che Kunst“ hier bereits seit den 90er Jah­ren von den Kul­tur­be­hör­den geför­dert. Das Land Nie­der­ös­ter­reich hat da schon früh eine Vor­rei­ter­rol­le ein­ge­nom­men. Ande­rer­seits konn­te ich im Zuge von 15 künst­le­ri­schen Groß­pla­kat­ak­tio­nen immer auf den Umstand bau­en, dass Wien so reich an Pla­kat­flä­chen ist wie kaum eine ande­re Stadt.
Reiz­voll fin­de ich das ein­zig­ar­ti­ge Medi­um Pla­kat, weil es zwar mit­ten im öffent­li­chen Raum steht, aber haupt­säch­lich kom­mer­zi­ell genutzt wird. Indem man nun die­se Pla­ka­te mit ande­ren Inhal­ten und ande­ren For­men füllt, las­sen sich mit leich­ter Hand ästhe­ti­sche Fremd­kör­per in die Stadt set­zen. Und zwar gleich hun­dert- oder tau­send­fach. Wäh­rend der Maler gemein­hin Uni­ka­te für den Kunst­markt pro­du­ziert, steht mir bei die­sen Groß­pla­kat­kam­pa­gnen ein sehr unmit­tel­ba­res Mas­sen­me­di­um zur Verfügung.
Meist arbei­te ich mit ande­ren Künst­lern zusam­men, immer mit wech­seln­den Part­nern. Mit einem habe ich die Fas­sa­de des Wie­ner Muse­ums für Ange­wand­te Kunst vor­über­ge­hend in einen Sozi­al­bau ver­wan­delt. Mit einem ande­ren ent­wick­le ich rie­si­ge auf­blas­ba­re Skulp­tu­ren. Vor Kur­zem haben wir ein gigan­ti­sches Schwimm­flü­gerl aus oran­gem Plas­tik in die Stadt gestellt. Anstatt des Mar­ken­lo­gos war dar­auf ein Schrift­zug gedruckt: „Ret­te sich, wer kann“. Nach eini­gen Wochen wur­de die Luft her­aus­ge­las­sen und die Skulp­tur abmontiert.
Im Lauf der Jah­re habe ich zwar auch eine Rei­he von per­ma­nen­ten Arbei­ten rea­li­siert. Aber das Tem­po­rä­re und der Ein­satz der dazu pas­sen­den Medi­en und Mate­ria­li­en haben eine gro­ße Attrak­ti­vi­tät für mich. Stein und Bron­ze ver­wen­de ich eigent­lich nie. Schon Robert Musil hat ja behaup­tet, dass solch eher­ne Denk­ma­le im Stadt­bild gar nicht mehr wahr­ge­nom­men wer­den. Dage­gen set­ze ich dar­auf, dass mei­ne Objek­te aus der Stadt wie­der ver­schwin­den, nach­dem sie ihre Arbeit getan haben.

auf­ge­zeich­net von ES; ver­öf­fent­licht in: Die Zeit, Nr. 34/2007
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