Ich bin 1987 als Achtjährige mit meiner Familie nach Wien gekommen. Mein Vater hat als Journalist für Sophiapress gearbeitet, meine Mutter später an der Wirtschaftsuniversität unterrichtet. Weil sie ihre Jugendjahre in Kuba verbracht hatte, gehörte die spanische Sprache so selbstverständlich zu unserem Leben wie die deutsche und die bulgarische. Ich habe früh zu schreiben begonnen, einfach weil mir Sprache wichtig war. Erst im Lauf der Jahre hat das eine Struktur bekommen. Später studierte ich Romanistik und erarbeitete mir als Linguistin eine Innensicht der Sprache. Deutsch beherrsche ich am besten. Vor dem Bulgarischen hatte ich lange Zeit zu große Ehrfurcht. Da ich fürchtete, dass ich das zum Dichten nötige Niveau nicht erreichen würde, wagte ich nicht, bulgarische Poesie zu schreiben.
Inzwischen habe ich für jeden Bereich meine eigene Sprache. Über Dinge, die aus meiner bulgarischen Welt kommen, schreibe ich auf Bulgarisch: Erinnerungen an meine Großmutter, der Geruch von Tomaten. Liebe und Erotik sind für mich mit der spanischen Sprache verbunden, schon deshalb, weil mein Mann Spanier ist. Zuletzt habe ich an einem großen dreisprachigen Gedicht gearbeitet: Jede Strophe ist in einer anderen Sprache verfasst, die Übersetzung in die anderen Sprachen steht jeweils daneben.
Meine Liebe zu den Sprachen ist grenzenlos. In meinen Ohren klingen sie alle schön. Das Portugisische etwa – eine wunderbare Mischung aus einer slawischen Aussprache, dunklen Vokalen und vielen Zischlauten – hat mich so angezogen, dass ich es auch studiert habe.
Derzeit verlege ich meine literarischen Ambitionen in die Nachtstunden, weil ich hauptberuflich den Verein „Wirtschaft für Integration“ führe. Wir wollen Migranten bei der Integration in die Ökonomie der Stadt unterstützen. Es gibt viele Menschen in Wien, die eine gute Ausbildung aus ihren Herkunftsländern mitgebracht haben, diese aber wegen mangelnder Sprachkenntnisse oder Komplikationen bei der Anerkennung von Zeugnissen nicht nützen können. Es ist nicht nur tragisch, sondern auch unwirtschaftlich, wenn man die Potentiale von Menschen mit Berufsabschlüssen vergeudet, in dem man sie in Hausfluren Prospekte verteilen lässt.
Männer mit Migrationshintergrund haben es besonders schwer, eine legale Beschäftigung zu finden. Frauen bringt man meist einen Vertrauensvorschuss entgegen, so dass sie Kinder betreuen oder Kranke pflegen dürfen. Einem erwachsenen Mann stehen solche Jobs nicht offen. Umso wichtiger ist es, dass wir uns bemühen, solche Menschen in das Wirtschaftsleben zu integrieren.