Während meines Studiums war ich zum ersten Mal in Asien, sechs Wochen Indien mit dem Rucksack. Das war Liebe auf den ersten Blick. Seither fasziniert mich der Kontinent wie kein anderer. Ich habe einige Jahre in New York gelebt und auch dort schon für die Econimist Intelligence Unit gearbeitet. Als ich eines Tages gefragt wurde, ob ich für das Unternehmen nach Hong Kong wechseln würde, gab es kein Halten mehr. Jetzt lebe ich seit drei Jahren hier und habe bereits Malaysia, Taiwan, Indonesien, China, Singapur, Laos, Kambodscha, Vietnam, Indien, Japan und die Philippinen sowohl beruflich als auch privat bereist.
Wenn ich im Büro bin, verbringe ich meinen Arbeitstag in internen Projektmeetings und conference calls mit Kunden. Unsere „Intelligence Unit“ ist eine Schwester des britischen Wirschaftsmagazins Economist und versorgt Politiker und Wirtschaftstreibende in 200 Ländern mit Informationen. Ich bin dafür zuständig, dass wir unsere Produkte – Konferenzen, Government Roundtables, Analysen – in Asien gut verkaufen. Das ist ein Job, der mich zehn Stunden am Tag in Anspruch nimmt. Der Rest der Zeit gehört mir.
Ich lebe auf der Insel Lantau in DB, wie das hier jeder nennt: Discovery Bay ist ein kleiner Ort mit ein paar Restaurants, einer Bank, einem Friseur, einem Pub und einem Supermarkt. Statt Autos gibt es Golfcarts. Und auch sonst ist alles eher unasiatisch, wie in einem Resort, LaLa-Land. Discovery Bay wird auch Delivery Bay genannt, weil hier viele schwangere Frauen auf der Straße zu sehen sind, deren Ehemänner als expats für europäische, australische oder amerikanische Firmen in Hongkong arbeiten. Da es für die Ehefrauen meist sehr schwer ist, einen passenden Job zu finden, nutzen manche diese Jahre eben, um Kinder zu bekommen.
Mich hat es nach DB gezogen, weil die Mieten eher niedrig sind. Hier kann ich mir eine sonnendurchflutete Wohnung leisten, die sich auf fünf Stockwerke erstreckt: auf vier Etagen jeweils ein Zimmer und oben drauf eine Terasse. Ich blicke aufs Meer und sehe auf der anderen Seite der Bucht die Flugzeuge im Landeanflug. Abends um neun gibt es immer ein Feuerwerk, das im nahegelegenen Disneyland abgeschossen wird. Morgens weckt mich das Lärmen der Kakadurs. Das einzige Problem ist die Luftfeuchtigkeit. Ich muss die Klimaanlage rund um die Uhr laufen lassen, weil sonst meine Bücher verschimmeln würden.
Am Anfang schien es mir immer ein bisschen seltsam, in einer asiatischen Stadt westliche Restaurants zu besuchen. Aber Hong Kong ist voll wunderbarer Lokale. Italiener, Inder, Vietnamesen. Besonders gerne habe ich ein französisches Bistro „The Press Room“, das mich an ein ähnliches Lokal in New York erinnert.