Sehen Sie sich um: Dieser Modeladen hier ist meine Welt. Ich bin umgeben von Schönem. Von echten und originellen Dingen. Mode. Kunst. Design. Manches ist verspielt. Manches sehr simpel. Manches sehr luxuriös, anderes wieder nicht. Ich vertrete nicht eine Linie, sondern bin für sehr unterschiedliche Ansätze offen. Hier sehen Sie Stücke von Balenciaga, dort hängen die Sachen von Walter van Beirendonck, hier Martin Margiela, da Dirk von Saene. Alles ganz individuelle Designer, die sich nicht anpassen. Manche von ihnen sind schon sehr bekannt und können sich doch kein Auto und keinen Urlaub leisten. Diese Menschen leben so kompromisslos. Das färbt natürlich ab, deren Energien übertragen sich auch auf mich.
Eigentlich ist es nicht überraschend, dass mich Mode fasziniert. Schon meine Großeltern haben sich sehr auf Ihr Äußeres konzentriert. Es war in unserer Familie immer wichtig, wie man sich kleidet. Aber auch wie gekocht und gegessen wird. Wenn meine Mutter Mahlzeiten zubereitet und angerichtet hat, war das immer ein ästhetisches Erlebnis für mich. Dass mein Vater Geschäftsmann war, aber sein Freundeskreis exklusiv aus Künstlern und Schriftstellern bestand, passt gut dazu. So bin ich groß geworden, und heute interessiert mich alles, was schön ist.
Aufgewachsen bin ich in Busan, einer Großstadt im Süden von Südkorea. In Seoul habe ich angewandte Kunst studiert. Weil mir die deutsche Sprache so gut gefiel und intellektuell erschien, bin ich hierhergekommen. Meine Freunde gingen nach Paris. Dass ich nach Wien wollte, konnten sie nicht verstehen. 1984 war das, im Winter. Da war Wien nicht nur sehr kalt, sondern auch sehr langweilig. Ich komme aus einer großen Stadt mit vielen jungen Menschen. Dass hier alles so langsam war, dass nichts los war, das hat mich anfangs sehr verunsichert. Nach drei Monaten wollte ich wieder weg. Dann habe ich es aber doch noch versucht. Habe Deutsch gelernt, Freunde gefunden, an der Universität für Angewandte Kunst Gebrauchsgrafik studiert. Und schließlich meine Diplomarbeit geschrieben, für die ich die Corporate Identity für ein kleines Luxus-Kaufhaus entwickelte. Vom Plakat bis zum Verpackungsmaterial stammten alle Designs von mir. Genannt habe ich dieses fiktive Geschäft „Song“.
Nach dem Studium habe ich in der Werbung gearbeitet. Aber das war nicht meine Welt, weil alles so verkaufsorientiert ist: Was ich dort gemacht habe, war am Ende nie meines, weil ich mich Kundenwünschen immer fügen musste. Furchtbar.
Heute ist das anders, kreativ eben. Der Kunde passt sich oft an meine Welt an. Bei mir ist nicht Wien, nicht Paris, New York oder London, sage ich gern, bei mir ist „Song“.