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Freitag, 19. Januar 2007

Privatunterricht zahlt der Staat

Cecilie Foldal
Cecilie Foldal, 34, ist in Kaisermühlen verheiratet und macht ihren schulpflichtigen Sohn mit dessen norwegischen Wurzeln vertraut – mit Unterstützung des norwegischen Staates.


Ich kom­me aus Vol­da, einer Klein­stadt mit 8000 Ein­woh­nern, zwi­schen Trond­heim und Ber­gen an der Küs­te gele­gen. Täg­lich besu­che ich eine Web­site, die von einem Tier­arzt mei­ner Hei­mat­stadt (www​.vol​da​vei​ret​.no) betrie­ben wird. Der Mann foto­gra­fiert Fjord­land­schaf­ten und Wet­ter­stim­mun­gen in sei­ner Umge­bung. Dar­an kann ich gut able­sen, wie es den Men­schen, die ich dort ken­ne, gera­de geht. Im Moment haben sie zwar viel grau­en Him­mel und Schnee­re­gen. Aber in zwei, drei Wochen wird es in Vol­da wie­der hel­ler und freund­li­cher werden.
Eigent­lich woll­te ich Leh­re­rin wer­den. Ein Jahr habe ich an einer Dorf­schu­le in Nor­we­gen unter­rich­tet. Dann ist unser Sohn Anders zur Welt gekom­men. Seit­her lebe ich mit mei­nem Mann in Wien. Anders ist jetzt sie­ben Jah­re alt. Sein Bru­der Oskar vier. Weil wir nicht ver­hei­ra­tet waren, sind bei­de Nor­we­ger. Sie haben Anspruch auf die öster­rei­chi­sche Staats­bür­ger­schaft. Aber Öster­reich gewährt ihnen kei­ne Dop­pel­staats­bür­ger­schaft. Mit 21 Jah­ren wer­den sie sich also ent­schei­den müs­sen, ob sie ihre Leben als öster­rei­cher oder als Nor­wer­ger fort­set­zen wollen.
Der nor­we­gi­sche Staat för­dert sei­ne Kin­der im Aus­land finan­zi­ell: Seit Anders zur Schu­le geht, unter­rich­te ich ihn zwei Stun­den pro Woche daheim in Hei­mat­kun­de, nor­we­gi­scher Spra­che und Reli­gi­on. Als Unter­stüt­zung bekom­me ich pro Stun­de umge­rech­net etwa 30 Euro. Davon kau­fen wir die teu­ren nor­we­gi­schen Lehr­bü­cher und ande­re Unter­richts­ma­te­ria­li­en, die man sich in Nor­we­gen ein­fach in der ört­li­chen Biblio­thek aus­lei­hen könn­te. Jedes Jahr muß man einen Lehr­plan vor­le­gen und immer gewahr sein, dass der Lern­erfolg eines Tages womög­lich über­prüft wird. Zehn Schul­jah­re lang wird die­se Hil­fe gewährt. Ich über­le­ge, künf­tig viel­leicht eine klei­ne Grup­pe von nor­we­gi­schen Kin­dern zusam­men zu unter­rich­ten, weil das sicher allen auch viel mehr Spaß berei­ten würde.
Jetzt, wo die Kin­der tags­über aus dem Haus sind, habe ich Zeit für mich. Ein Jahr lang habe ich über­legt, was ich machen will. Auf einem Zet­tel habe ich in die­ser Zeit 40 Berufs- und Aus­bil­dungs­we­ge gelis­tet. Fil­me­ma­che­rin, Kran­ken­schwes­ter, Bio­lo­gin, Archäo­lo­gin. Schließ­lich habe ich mich für ein Stu­di­um der Agrar­wis­sen­schaft an der an der Uni­ver­si­tät für Boden­kul­tur ent­schie­den, weil ich einer Kind­heits­il­lu­si­on fol­gen will: Unse­re Gesell­schaft muss stär­ker im Ein­klang mit der Natur leben, muss beschei­de­ner wer­den. Wir kön­nen doch unse­re klei­ne Erde nicht ein­fach kaputt machen. Also wer­de ich eines Tages im Natur­schutz oder an der Res­sou­ren­ver­tei­lung arbei­ten. Viel­leicht in der Drit­ten Welt. Oder auch weit im Nor­den von Nor­we­gen. Als Kind habe ich dort ein paar Jah­re ver­bracht. Und seit­her fas­zi­niert mich die­se Gegend. Das Licht. Die Natur. Das ist etwas ganz Besonderes.

auf­ge­zeich­net von ES; ver­öf­fent­licht in: Die Zeit, Nr. 4/2007
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