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Freitag, 07. September 2007

Oma und das Männchen

Bernadette Fischler
Die 31jährige Bernadette Fischler bemüht sich im Weltpfadfinderinnenverband darum, dass zehn Millionen Frauen und Mädchen mit einer Stimme sprechen.


Mit sie­ben Jah­ren fing ich als Wich­tel bei der Pfad­fin­der­grup­pe Hall in Tirol an. Von kur­zen Pau­sen abge­se­hen, war mei­ne Frei­zeit seit­her vom Lager­le­ben und von Pfad­fin­der­grup­pen geprägt. Als Kind hat­te ich dort schon einen tol­len Freun­des­kreis. Und noch heu­te haben die meis­ten mei­ner sehr guten Freun­din­nen und Freun­de einen Bezug zur Pfad­fin­de­rei. Vor gut einem Jahr konn­te ich mein Hob­by auch zum Beruf machen, als Kom­mu­ni­ka­ti­ons­re­fe­ren­tin bei der World Asso­cia­ti­on of Girl Gui­des and Girl Scouts.
Wir haben zehn Mil­lio­nen Mit­glie­der in 144 Län­dern. Girl­power lau­tet die Devi­se: 10 mil­li­on girls … One voice. Unter die­sem Mot­to ver­tre­ten wir die Inter­es­sen unse­rer Mit­glie­der auf glo­ba­ler und regio­na­ler Ebe­ne. Aids, Ernäh­rungs­stö­run­gen, Sexu­al­erzie­hung, Teen­ager­schwan­ger­schaf­ten – wir beschäf­ti­gen uns vor­wie­gend mit Gesund­heits­fra­gen, die Mäd­chen und jun­ge Frau­en welt­weit betref­fen. Wir bera­ten UN-Agen­tu­ren, inter­ve­nie­ren bei Sit­zun­gen, besu­chen Kon­fe­ren­zen. Beim Welt­frau­en­gip­fel in Nai­ro­bi hat­te ich vier Mäd­chen aus Kenia und Burun­di unter mei­nen Fit­ti­chen, 16, 17 Jah­re alt. Die haben den alten Damen dort gezeigt, wo’s lang geht: In einem Work­shop haben sie demons­triert, wie sie in ihren Schu­len über Gefah­ren und die Prä­ven­ti­on von HIV-Infek­tio­nen aufklären.
Ich habe stän­dig mit den unter­schied­lichs­ten Men­schen zu tun. Mal tref­fe ich die Frau des mexi­ka­ni­schen Staats­prä­si­den­ten, dann eine 15jährige Pfad­fin­de­rin aus Ugan­da, die über ihre Erfah­run­gen mit Gewalt an jun­gen Mäd­chen spricht. Unse­re offi­zi­el­len Arbeits­spra­chen sind Eng­lisch, Fran­zö­sisch, Spa­nisch. Ich spre­che aber auch Ita­lie­nisch, Por­tu­gi­sisch, Deutsch und Tiro­le­risch. Anfangs war ich skep­tisch, weil ich aus­schließ­lich mit Frau­en arbei­ten soll­te. Die Sor­ge war unbe­grün­det: Ohne Män­ner läuft alles ziem­lich locker, mit viel Schmäh.
Auf­ge­wach­sen bin ich sehr behü­tet in dem Berg­dorf Absam. Mei­ne Fami­lie haust dort wie ein Clan bei­ein­an­der. Mein Vater und drei sei­ner Brü­der haben ihre Häu­ser alle am glei­chen Fleck gebaut. Und über die­ses „Fisch­ler­hau­sen“ hat die Oma regiert. Mei­ne Geschwis­ter, Cou­sins und Cou­si­nen woh­nen heu­te noch in der nähe­ren Umge­bung. Aber mich hat es immer schon weg­ge­zo­gen. Ich bin neu­gie­rig, will alles wis­sen und aus­pro­bie­ren. Wäh­rend des Stu­di­ums leb­te ich in Spa­ni­en, Por­tu­gal und Que­bec. Als bra­ve Toch­ter eines Berufs­eu­ro­pä­ers nutz­te ich dann bei erst­bes­ter Gele­gen­heit die Nie­der­las­sungs­frei­heit in der EU. In Lon­don habe ich es gut erwischt. Ich woh­ne in einer WG mit zwei ande­ren Frau­en Anfang 30 und einem jun­gen Mann. Mit 24 ist er unser Nest­häck­chen. Wir nen­nen ihn lie­be­voll „das Männ­chen im Haus“.

auf­ge­zeich­net von ES; ver­öf­fent­licht in: Die Zeit, Nr. 37/2007
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