Mit sieben Jahren fing ich als Wichtel bei der Pfadfindergruppe Hall in Tirol an. Von kurzen Pausen abgesehen, war meine Freizeit seither vom Lagerleben und von Pfadfindergruppen geprägt. Als Kind hatte ich dort schon einen tollen Freundeskreis. Und noch heute haben die meisten meiner sehr guten Freundinnen und Freunde einen Bezug zur Pfadfinderei. Vor gut einem Jahr konnte ich mein Hobby auch zum Beruf machen, als Kommunikationsreferentin bei der World Association of Girl Guides and Girl Scouts.
Wir haben zehn Millionen Mitglieder in 144 Ländern. Girlpower lautet die Devise: 10 million girls … One voice. Unter diesem Motto vertreten wir die Interessen unserer Mitglieder auf globaler und regionaler Ebene. Aids, Ernährungsstörungen, Sexualerziehung, Teenagerschwangerschaften – wir beschäftigen uns vorwiegend mit Gesundheitsfragen, die Mädchen und junge Frauen weltweit betreffen. Wir beraten UN-Agenturen, intervenieren bei Sitzungen, besuchen Konferenzen. Beim Weltfrauengipfel in Nairobi hatte ich vier Mädchen aus Kenia und Burundi unter meinen Fittichen, 16, 17 Jahre alt. Die haben den alten Damen dort gezeigt, wo’s lang geht: In einem Workshop haben sie demonstriert, wie sie in ihren Schulen über Gefahren und die Prävention von HIV-Infektionen aufklären.
Ich habe ständig mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun. Mal treffe ich die Frau des mexikanischen Staatspräsidenten, dann eine 15jährige Pfadfinderin aus Uganda, die über ihre Erfahrungen mit Gewalt an jungen Mädchen spricht. Unsere offiziellen Arbeitssprachen sind Englisch, Französisch, Spanisch. Ich spreche aber auch Italienisch, Portugisisch, Deutsch und Tirolerisch. Anfangs war ich skeptisch, weil ich ausschließlich mit Frauen arbeiten sollte. Die Sorge war unbegründet: Ohne Männer läuft alles ziemlich locker, mit viel Schmäh.
Aufgewachsen bin ich sehr behütet in dem Bergdorf Absam. Meine Familie haust dort wie ein Clan beieinander. Mein Vater und drei seiner Brüder haben ihre Häuser alle am gleichen Fleck gebaut. Und über dieses „Fischlerhausen“ hat die Oma regiert. Meine Geschwister, Cousins und Cousinen wohnen heute noch in der näheren Umgebung. Aber mich hat es immer schon weggezogen. Ich bin neugierig, will alles wissen und ausprobieren. Während des Studiums lebte ich in Spanien, Portugal und Quebec. Als brave Tochter eines Berufseuropäers nutzte ich dann bei erstbester Gelegenheit die Niederlassungsfreiheit in der EU. In London habe ich es gut erwischt. Ich wohne in einer WG mit zwei anderen Frauen Anfang 30 und einem jungen Mann. Mit 24 ist er unser Nesthäckchen. Wir nennen ihn liebevoll „das Männchen im Haus“.