Ich will Frankreich nicht idealisieren, aber diese Art hier ist schwer zu ertragen. Denunzianten, falsches Pack. Da bespreche ich mit einigen Leuten hier in Zellerndorf, dass ich ein Fest bei uns auf dem Reiterhof machen will. Wir organisieren einen kleinen Flohmarkt, laden einen Gemüsehändler ein, einen Weinbauern, einen Krippenbastler. Alle betreiben auf eigene Rechnung neben unseren Pferden einen Tag lang ihr Geschäft. Und plötzlich, eine Woche nach dem Fest, bekomme ich Besuch von der Steuerfahndung. Nun, die haben nichts gefunden, weil alles ordnungsgemäß abgerechnet war. Aber wissen Sie, wann ich angezeigt wurde? Schon zehn Tage vor dem Fest, also kurz nachdem ich hier mit diesen Leuten die Idee geboren hatte. Das ist doch unfassbar: da setzen sich Menschen an meinen Tisch, um mit mir zu essen, und ein paar Tage später zeigen sie mich an.
Eigentlich bin ich Germanist. 30 Jahre lang habe ich am Wiener Dolmetsch-Institut unterrichtet. Jetzt kümmere ich mich nur noch um meine Pferde. Trakehner, eine sehr edle Rasse, Mitte des 18. Jahrhunderts von Friedrich dem Großen in Ostpreussen gezüchtet. Zwanzig Stück habe ich im Stall, alle aus eigener Zucht. Die Tiere sind eine Werbung für das Retzer Land: Wir leben in einem Reiterparadies hier. Die Ruhe, die sanften Hügel, die Kellergassen, die Kürbisfelder. Wer wollte da noch in so einer staubigen Halle reiten? Aber bis die Touristiker das verstehen, wird wohl noch einige Zeit vergehen.
Als Gourmet bin ich froh, dass sich Österreich entwickelt hat. Früher gab es nur diesen Stangenkäse mit der roten Plastikhülle und die Dreiecke von Alma. Heute ist es nicht mehr so exotisch, wenn ich meine Gäste mit Coq au vin oder Muscheln im Weißwein bewirte.