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Dienstag, 13. März 2007

Mit Schlagobers gehts auch

Dhelia Schmid
Dhelia Schmid, 33, ist in einem Beratungszentrum für Asylwerber tätig. Derzeit karrenziert drängt sie darauf, bald wieder arbeiten zu können.


Schau­en Sie mei­nen Sohn an, sie­ben Wochen jung. So hel­le Haut wie ein Öster­rei­cher, per­fekt inte­griert sozu­sa­gen. Ich bin neu­gie­rig, wie die Men­schen auf uns reagie­ren wer­den. Schon bis­her wuß­ten sie nicht, wor­an sie sind: Wenn Sie die Frau Schmid suchen und dann mich fin­den, eine Frau mit Wur­zeln in Mada­gas­kar, sind sie über­rascht, weil ich dun­kel­häu­tig bin. Jetzt das hel­le Kind dazu. Mei­ne Vier­jäh­ri­ge hat es schwer. Im Bus wird sie ange­starrt. Beson­ders von älte­ren Men­schen. Sie lächeln nie, sie sind streng. Das führt dazu, dass man nicht hei­misch wird. Ich füh­le mich wie eine Touristin.
Wis­sen Sie was mei­ner Cou­si­ne in Kärn­ten pas­siert ist? Ihre Eltern waren aus Mada­gas­kar zu Besuch. Der Vater, ein 70jähriger Herr, saß im Park. Zwei Poli­zis­ten frag­ten, was er hier mache. Er muss­te sie zur Toch­ter füh­ren. Dort ange­kom­men, haben sie ihre Woh­nung durch­sucht. Ein­fach so.
Ich bin froh, dass ich die­se Anstel­lung gefun­den habe. Davor habe ich für eine fran­zö­si­sche Hotel­ket­te gear­bei­tet. Die Öster­rei­cher dort woll­ten aber kein Fran­zö­sisch spre­chen. Alles was ihnen fremd war, war schlecht. Ich habe zwar Wirt­schaft stu­diert. Aber da habe ich mir geschwo­ren, nur mehr mit welt­of­fe­nen Men­schen zu arbei­ten, auch wenn das der Kar­rie­re nicht för­der­lich sein soll­te. So bin ich zur Cari­tas gekom­men. Die Kol­le­gen sind total nett. Jün­ge­re eben, die sind offe­ner. Die Arbeit macht Spaß, weil ich etwas für Men­schen tun kann, die es schwe­rer haben als ich. Schwarz­afri­ka­ner müs­sen ja mit dem Miss­ver­ständ­nis leben, Dro­gen­dea­ler zu sein.
In ein paar Mona­ten möch­te ich gern wie­der arbei­ten. Ich habe am Magis­trat gefragt, ob mein Sohn den Kin­der­gar­ten besu­chen kann, in den mei­ne Toch­ter geht. Da haben sie mich schief ange­schaut. Blei­ben Sie doch zuhau­se! Wenn Sie Ihr Kind weg­ge­ben, wird es nicht spre­chen ler­nen! Bit­te­schön, was soll ein Kind zuhau­se machen? Mit der Mut­ter fern­se­hen? In Frank­reich arbei­ten Frau­en acht Wochen nach der Ent­bin­dung wie­der. Und sind glücklich.
Mein Mann ist Öster­rei­cher. Als ich ihn ken­nen­ge­lernt habe, wuß­te ich nichts über Öster­reich. Wir haben gehei­ra­tet. Irgend­wann habe ich es nicht mehr aus­ge­hal­ten hier. Die Spra­che so hart wie die Men­schen. Wenn ich mich beim Bäcker nicht schnell ent­schei­den konn­te, weil ich die Sachen nicht kann­te, sag­ten die Ver­käu­fe­rin­nen mit schnei­den­dem Ton: Bit­te­schön! Ich woll­te weg. Wir sind nach Süd­frank­reich gezo­gen, ins Licht, ans Meer. Dort hat es mein Mann nicht aus­ge­hal­ten. Die Men­schen so neu­gie­rig, im Super­markt haben sie ihn ange­spro­chen. Er braucht Distanz.
Jetzt sind wir wie­der hier. Ich habe gese­hen, dass in Frank­reich nicht alles bes­ser ist. Und zum Kochen neh­me ich eben kei­ne Crè­me fraiche mehr, weil die hier anders ist. Mit Schlag­obers gelin­gen die Gerich­te fast wie früher.

auf­ge­zeich­net von ES; ver­öf­fent­licht in: Die Zeit, Nr. 4/2006
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