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Montag, 23. April 2007

Leben entlang des grünen Korridors

Alois Lang
Der 50jährige Burgenländer Alois Lang arbeitet als Koordinator des European Green Belt Project im ungarischen Grenzort Sarród und pendelt regelmäßig nach Belgrad.


Gren­zen fas­zi­nie­ren mich. Hier, zwi­schen Öster­reich und Ungarn, herrsch­te jahr­zehn­te­lang Visum­pflicht. Doch 2008, mit der Erwei­te­rung des Schen­gen-Gebie­tes von 15 auf 26 Län­der, wird das kei­ne ech­te Gren­ze mehr sein. Was vor nicht all­zu lan­ger Zeit undenk­bar schien, ist dann Realität.
Ich kom­me aus Ill­mitz, wo ich Geschäfts­füh­rer des Tou­ris­mus­bü­ros und danach Regio­nal­ma­na­ger für den Neu­sied­ler See war. Seit 1993 arbei­te ich als Abtei­lungs­lei­ter für Öffent­lich­keits­ar­beit im Natio­nal­park „Neu­sied­ler See-See­win­kel“. Mein Lebens­mit­tel­punkt liegt heu­te ein paar Kilo­me­ter wei­ter süd­lich, im unga­ri­schen Sar­ród. Ganz sel­ten nur kom­me ich mor­gens noch an die Lacken, um Vögel zu beob­ach­ten. Den größ­ten Teil mei­ner Zeit ver­brin­ge ich am Schreib­tisch in Sar­ród oder am Weg in unser Haupt­bü­ro in Bel­grad, 600 Kilo­me­ter von hier.
Gren­zen bestim­men mein Arbeits­le­ben in jeder Hin­sicht: Als Koor­di­na­tor des Euro­pean Green Belt erfah­re ich immer aufs Neue, wie unter­schied­lich Gren­zen wir­ken kön­nen. 23 Län­der sind an die­sem Grü­nen Band auf­ge­fä­delt, das sich ent­lang des ehe­ma­li­gen Eiser­nen Vor­han­ges durch Euro­pa läuft. In den ver­gan­ge­nen zwei Jah­ren habe ich alle Ecken die­ses „Green Belt“ besucht und gese­hen, dass Gren­zen unter­schied­li­che Dyna­mi­ken ent­wi­ckeln. Sie wer­den von einer Ebe­ne zur andern unter­schied­lich gedacht und gelebt. Im Gebiet der Mitt­le­ren Donau lässt sich das gut beob­ach­ten: Auf loka­ler Ebe­ne ist die Situa­ti­on in dem Drei­län­der-Eck zwi­schen Kroa­ti­en, Ser­bi­en und Süd­un­garn recht ent­spannt. Das Ver­hält­nis zwi­schen Bel­grad und Zagreb ist dafür sehr kom­pli­ziert. Dar­aus folgt eine all­ge­mein gül­ti­ge Beob­ach­tung: Je näher die Men­schen an der Gren­ze leben, umso ent­spann­ter arbei­ten sie grenz­über­schrei­tend zusammen.
8000 Kilo­me­ter lang zieht sich das Grü­ne Band als Natur­schutz­kor­ri­dor durch Euro­pa. An der Ent­wick­lung die­ses euro­päi­schen Pro­jek­tes mit­zu­wir­ken, ist eine ein­ma­li­ge Her­aus­for­de­rung. Ich kann dazu bei­tra­gen, dass der Umwelt­schutz aus der Fun­di-Ecke raus­kommt. Gan­ze Schü­ler­ge­nera­tio­nen wach­sen ja heu­te in dem von ihren Bio­lo­gie­leh­rern ver­brei­te­ten Glau­ben auf, dass alles kaputt und hoff­nungs­los ist. Wie sol­len wir die­se hoff­nungs­lo­sen jun­gen Men­schen eines Tages moti­vie­ren, etwas zu tun? Wir müs­sen ihnen zei­gen, dass es nicht zu spät ist. Und dafür ist der Green Belt ein gutes Bei­spiel. Hier kön­nen wir bewei­sen, dass Natur­schutz die regio­na­le Ent­wick­lung nicht hemmt, wie das viel­leicht die Fri­seu­se in Neu­siedl ver­mu­tet. Ganz im Gegen­teil: Mit unse­ren Pro­jek­ten füh­ren wir vor, dass Natur­schutz in bestimm­ten Gebie­ten mit­un­ter ein pro­ba­tes Mit­tel zur Armuts­be­kämp­fung sein kann. So gese­hen sind Gren­zen eine Mess­lat­te der Regio­nal­po­li­tik: Man kann sie als Chan­ce begreifen.

auf­ge­zeich­net von ES; ver­öf­fent­licht in: Die Zeit, Nr. 17/2007
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