Grenzen faszinieren mich. Hier, zwischen Österreich und Ungarn, herrschte jahrzehntelang Visumpflicht. Doch 2008, mit der Erweiterung des Schengen-Gebietes von 15 auf 26 Länder, wird das keine echte Grenze mehr sein. Was vor nicht allzu langer Zeit undenkbar schien, ist dann Realität.
Ich komme aus Illmitz, wo ich Geschäftsführer des Tourismusbüros und danach Regionalmanager für den Neusiedler See war. Seit 1993 arbeite ich als Abteilungsleiter für Öffentlichkeitsarbeit im Nationalpark „Neusiedler See-Seewinkel“. Mein Lebensmittelpunkt liegt heute ein paar Kilometer weiter südlich, im ungarischen Sarród. Ganz selten nur komme ich morgens noch an die Lacken, um Vögel zu beobachten. Den größten Teil meiner Zeit verbringe ich am Schreibtisch in Sarród oder am Weg in unser Hauptbüro in Belgrad, 600 Kilometer von hier.
Grenzen bestimmen mein Arbeitsleben in jeder Hinsicht: Als Koordinator des European Green Belt erfahre ich immer aufs Neue, wie unterschiedlich Grenzen wirken können. 23 Länder sind an diesem Grünen Band aufgefädelt, das sich entlang des ehemaligen Eisernen Vorhanges durch Europa läuft. In den vergangenen zwei Jahren habe ich alle Ecken dieses „Green Belt“ besucht und gesehen, dass Grenzen unterschiedliche Dynamiken entwickeln. Sie werden von einer Ebene zur andern unterschiedlich gedacht und gelebt. Im Gebiet der Mittleren Donau lässt sich das gut beobachten: Auf lokaler Ebene ist die Situation in dem Dreiländer-Eck zwischen Kroatien, Serbien und Südungarn recht entspannt. Das Verhältnis zwischen Belgrad und Zagreb ist dafür sehr kompliziert. Daraus folgt eine allgemein gültige Beobachtung: Je näher die Menschen an der Grenze leben, umso entspannter arbeiten sie grenzüberschreitend zusammen.
8000 Kilometer lang zieht sich das Grüne Band als Naturschutzkorridor durch Europa. An der Entwicklung dieses europäischen Projektes mitzuwirken, ist eine einmalige Herausforderung. Ich kann dazu beitragen, dass der Umweltschutz aus der Fundi-Ecke rauskommt. Ganze Schülergenerationen wachsen ja heute in dem von ihren Biologielehrern verbreiteten Glauben auf, dass alles kaputt und hoffnungslos ist. Wie sollen wir diese hoffnungslosen jungen Menschen eines Tages motivieren, etwas zu tun? Wir müssen ihnen zeigen, dass es nicht zu spät ist. Und dafür ist der Green Belt ein gutes Beispiel. Hier können wir beweisen, dass Naturschutz die regionale Entwicklung nicht hemmt, wie das vielleicht die Friseuse in Neusiedl vermutet. Ganz im Gegenteil: Mit unseren Projekten führen wir vor, dass Naturschutz in bestimmten Gebieten mitunter ein probates Mittel zur Armutsbekämpfung sein kann. So gesehen sind Grenzen eine Messlatte der Regionalpolitik: Man kann sie als Chance begreifen.