Wir haben gut zu tun, es bleibt kaum Zeit, zu leben. Gerade kommen wir aus Saalfelden zurück, wo wir mit unserer Band Fatima Spar & the Freedom Fries aufgetreten sind. Bei der Gelegenheit feierten wir gleich den 31. Geburtstag des Akkordeonisten und haben alles kurz und klein geschlagen. Fast alles. Naja, die Gläser jedenfalls. Besser gesagt: es sind ein paar Gläser runtergefallen. Wir sind ja eine friedliche Band. Gegen Rassismus, gegen Nationalismus, gegen Krieg.
Am Konservatorium wurden wir als Jazzmusiker ausgebildet. Weil wir Tanzmusik mit Swing-Einflüssen spielen, wissen die Leute nicht so recht, wo sie uns einordnen sollen. Unsere CDs werden meist unter den Rubriken „World Music“ oder „Balkan“ einsortiert. Aber was heißt das schon? Es gibt Plattenläden, da findet man den Ring des Nibelungen im Bosa-nova-Regal.
Jetzt fahren wir nach Frankreich, wo wir vier Auftritte haben. Dann gehts in die Schweiz. Anschließend treten wir in Istanbul auf, um den Leuten zu sagen: Istanbul darf nicht Wien werden. Nein, Quatsch. Wir spielen, um Spaß zu haben. Um unseren Lebensunterhalt zu verdienen. Denn im Dezember sind wir wieder in Wien, wo das Leben schön aber teuer ist.
Paris ist lustig, da haben wir schon gespielt: Einen ganzen Abend lang hat man dort kein Wort Französisch gehört, das Publikum war bunt gemischt, Marokkaner, Tunesier. Weit und breit kein Baguette, dafür Falaffel und Pita. Aber sobald wir aus der Hauptstadt rauskamen, waren nur mehr französische Franzosen bei den Konzerten. So geht es in vielen Ländern: in den kleineren Städten dominieren die echten Inländer im Publikum.
Wir reisen sehr routiniert. Meist in einem gemieteten Kleinbus, weil Kontrabass und Schlagzeug beim Fliegen sehr störend sind. Ein Freund chauffiert, damit wir rasten können. Jeder hat einen Laptop dabei. Einer hört Musik. Der andere schaut Videos. Einer schläft die meiste Zeit, selbst in den Pausen beim Konzert. Ein anderer redet dafür dauernd. Wir sind extrem unterschiedlich, kommen aber gut miteinander zurecht. Kosmopoliten eben. Wo wir uns bewegen, sind wir einfach Menschen. Wir rufen uns gegenseitig auch mit „Du Russe“ oder „Du Tschusch“. Serbe, Bulgare, Ukrainer – das sind wir nur bei den Behörden, wenn wir um unsere Aufenthaltsgenehmigung bitten müssen.
Fatima Spar, die Sängerin, heißt eigentlich Nihal Sentürk. Ihre Eltern sind Türken, sie ist in Vorarlberg geboren. Wenn sie in ihrem Dialekt spricht, verstehen wir kein Wort. Wir haben noch zwei Österreicher in der Band. Philipp, den Bassisten aus Vorarlberg. Und Erwin, den Schlagzeuger aus Klosterneuburg. Wenn wir in die Türkei fahren, brauchen die beiden ein Visum. Uns Slawen lassen sie einfach so rein. Dafür haben wir Zores, wenn es nach England oder Amerika geht.