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Dienstag, 30. Oktober 2007

Ein Büro und sechs Nationen

Jeroen Siebens
Der Künstlervermittler Jeroen Siebens, 38, hat in Wien ein zentraleuropäisches Zentrum gefunden, das er hier nicht vermutet hätte.


In Bel­gi­en war ich als Fes­ti­val­ver­an­stal­ter und Musik­re­dak­teur beim Radio tätig. Irgend­wann woll­te ich was Neu­es machen. Der Zufall führ­te mich nach Wien. Ich kam, um ein paar Freun­de zu besu­chen. Und bin geblie­ben, weil alles hier so ange­nehm ist. Über­all fin­det man genü­gend Raum, im Zen­trum der Stadt, aber auch rund­her­um. Ver­gli­chen mit Bel­gi­en ist alles schön groß, die Stie­gen­häu­ser, die Häu­ser, die Stra­ßen. Das Kli­ma ist per­fekt: war­me Som­mer, kal­te Win­ter. Man spürt, dass dies Zen­tral­eu­ro­pa ist. Der Bel­gi­er weiss ja nur, dass die Öster­rei­cher Ber­ge haben und Ski fah­ren. Die­se Viel­falt der Men­schen hier hat mich überrascht.
Mit mei­ner Agen­tur frit­spe­cial ver­su­che ich, die Kar­rie­ren von Musi­kern zu pla­nen. Das sind Grup­pen wie Dun­kel­bunt, Mann über Bord, Das dre­cki­ge Kom­bo oder Ams­ter­dam Klez­mer Band. Ich suche die Pro­jek­te danach aus, ob die Musik was taugt und ob die Men­schen mir zusa­gen. Dann ent­wick­le ich als Buchungs­agent kon­kre­te Kar­rie­re­schrit­te. Die bel­gi­sche Pop­rock-For­ma­ti­on Zita Swoon ist in den Bene­lux-Län­dern seit zehn Jah­ren bekannt, jetzt plat­zie­ren wir sie im Aus­land. Der­zeit tourt die Band in der Tür­kei. Ende Novem­ber erscheint ihre neue CD in Öster­reich. Anfang Dezem­ber spielt sie in Wien. So will ich sie nach und nach auch in Zen­tral­eu­ro­pa bekannt­ma­chen. Pro­ble­ma­tisch ist dabei nur, dass es im Kul­tur­mi­nis­te­ri­um kei­ne Struk­tu­ren gibt, die einen dabei unter­stüt­zen. So sind wir immer auf die Kul­tur­in­sti­tu­te des Außen­mi­nis­te­ri­ums ange­wie­sen, die sehr fle­xi­bel und hilfs­be­reit sind.
In Öster­reich wird zwi­schen E und U noch sehr ernst­haft unter­schie­den. Es herrscht eine stren­ge Hier­ar­chie: Oben ist Mozart, dann kommt lan­ge nichts. Elek­tro­ni­sche Musik, World Music oder Jazz wer­den weit dahin­ter gereiht. In Bel­gi­en unter­schei­den wir nur Gen­res und sehen alles glei­cher­ma­ßen als Kul­tur­er­be. Egal ob Klas­sik, Zeit­ge­nös­si­sches oder Pop.
Ich hat­te Glück, in einer guten Büro­ge­mein­schaft auf­ge­fan­gen zu wer­den. Ser­gi­us kommt aus Polen, er macht mit sei­ner Agen­tur Sput­nic Cor­po­ra­te Design und Wer­bung. Peter, auch Bel­gi­er, ist der Direk­tor von Aut­look Film­sa­les. Özlem ist Tür­kin und als Pro­jekt­ma­na­ge­rin bei uns. Melina ist aus Sara­je­wo nach Wien geflüch­tet und küm­mert sich um das Büro­ma­nage­ment. Mei­ne Frau Sal­ma – bei Aut­look kar­ren­ziert, weil wir ein Baby bekom­men – ist hal­be Ägyp­te­rin. Susan­ne ist die ein­zi­ge gebür­ti­ge Öster­rei­che­rin hier im Büro. Die Haupt­sa­che für uns alle: Wir arbei­ten nach dem Soli­da­ri­täts­prin­zip. Wenn es einem mal schlech­ter geht, kann er sich auf die ande­ren verlassen.

auf­ge­zeich­net von ES; ver­öf­fent­licht in: Die Zeit, Nr. 44/2007
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