Ich habe in Wien Molekularbiologie und Mathematik sowie in Triest Biotechnologie studiert. Anschließend konnte ich ein Jahr als special student am Institute for Advanced Study in Princeton verbringen. 2005 habe ich mit einer Arbeit über Evolutionary Dynamics of Cancer meinen Doktortitel bekommen. Und jetzt bin ich für drei Jahre als junior fellow in der Havard Society of Fellows und arbeite am Dana Farber Cancer Institute in Boston.
Das Leben könnte nicht besser sein. Mein Freund arbeitet als Ökonom in Harvard. Wir bewohnen ein wunderschönes, zweistöckiges Apartment in Cambridge. Ins Büro fahren wir nur wenige Minuten. Und dort reiht sich dann ein research meeting ans andere. Tausende Menschen bevölkern ein wirklich anregendes Forschungsuniversum. Meine Arbeit macht mir großen Spaß, ich möchte nichts anderes machen. Zum Glück muss ich immer wieder mal auf Konferenzen fahren – meine Reiselust wird also auch noch gestillt.
Mein Vater ist Professor für Differentialgeometrie. Und auch meine Schwester ist Mathematikerin. Für mich war die Mathematik ursprünglich nur ein Hobby. Meiner Mutter, einer Krankenschwester, habe ich mein Interesse für die Medizin zu verdanken. Und so wollte ich eigentlich über Krebs arbeiten. Als ich gehört habe, dass ich in den USA Medizin und Mathematik unter einen Hut bringen könnte, habe ich mich in Harvard beworben.
Heute arbeite ich mit mathematischen Methoden, um Voraussagen über verschiedene Krebsarten, deren Behandlung und die Evolution von Resistenzen machen zu können. Mein Ziel ist es, die Krebsbehandlung mit quantitativen Methoden so zu verbessern, dass neue Angriffsziele für Medikamente entdeckt werden können. Zurzeit entwickle ich ein mathematisches Modell, das es erlaubt, Chemotherapeutika optimal zu dosieren, so dass sich keine Resistenzen entwickeln. Chemotherapie hat verheerende Nebenwirkungen. Eine neue Generation von Medikamenten, sogenannte targeted therapies, baut nun so auf unserem Wissen über krebsspezifische Eigenheiten auf, dass fast ausschließlich Krebszellen abgetötet werden. Diese Therapeutika sind die heißesten Eisen, die in der Krebsforschung derzeit geschmiedet werden.
Auch international wird meine Arbeit gut aufgenommen. 2005 habe ich einen Aufsatz für Nature geschrieben, der einige Diskussionen ausgelöst und in der Folge weitere einschlägige Forschungen angestoßen hat. Das macht mich natürlich auch stolz.
Österreich hat zwar viele Vorteile – von der hohen Lebensqualität, über das ausgereifte Sozialsystem bis hin zum kulturellen Leben. Aber an ein Zurückgehen ist derzeit nicht einmal zu denken. Allein der Reichtum an biomedizinischer Forschung in Boston ist ein viel zu starker Magnet für mich.