0
 0,00 EUR 0 Produkte

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.

homeFreiheit in der digitalen Stadt
Samstag, 06. Oktober 2007

Freiheit in der digitalen Stadt

Leonhard Dobusch
Der 27jährige Wirtschaftswissenschaftler Leonhard Dobusch hat in Berlin gefunden, was ihm Österreich nicht bieten kann: eine adäquate Ausbildung.


Ich bin wegen der Wis­sen­schaft in Ber­lin. In Öster­reich gibt es kei­ne Aus­bil­dung, die einem angel­sä­chi­schen Post­gra­dua­te-Pro­gramm ver­gleich­bar wäre. Die Freie Uni­ver­si­tät Ber­lin hin­ge­gen bie­tet mir am Gra­du­ier­ten­kol­leg „Pfa­de orga­ni­sa­to­ri­scher Pro­zes­se“ idea­le Bedin­gun­gen: Ich erfor­sche am Bei­spiel der Städ­te Ber­lin, Frank­furt, Mün­chen und Wien, nach wel­chen Kri­te­ri­en gro­ße Kom­mu­nal­ver­wal­tun­gen als Pio­nie­re einen Wech­sel ihrer Soft­ware­um­ge­bung gestal­ten. Ob und war­um sie von eta­blier­ten Micro­soft-Pro­duk­ten auf ein frei­es Betriebs­sys­tem wie Linux umsteigen.
Dabei trei­ben mich neben wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­in­ter­es­sen auch mei­ne poli­ti­schen Über­zeu­gun­gen: Ich glau­be, dass der freie Zugang zu Wis­sen und Infor­ma­tio­nen nicht nur eine Fra­ge der Gerech­tig­keit son­dern auch von Vor­teil für Wirt­schaft und Gesell­schaft ist. Und weil von allei­ne nichts bes­ser wird, enga­gie­re ich mich für die­ses Ziel. Zuletzt auch als Co-Her­aus­ge­ber des Buches Freie Net­ze. Frei­es Wis­sen. Noch nie war es ein­fa­cher, Men­schen und ihr Wis­sen in Form von Tex­ten, Bil­dern oder Tönen zusam­men­zu­brin­gen. Mit dem Zugang zu digi­ta­len Net­zen ist aber nicht auto­ma­tisch der Zugang zu den Inhal­ten gewähr­leis­tet – dem ste­hen zahl­rei­che sozia­le und recht­li­che Bar­rie­ren ent­ge­gen. Unser Buch zeigt ganz unter­schied­li­che sozia­le Bewe­gun­gen, die alle­samt auf solch frei­en Net­zen basie­ren. For­mu­liert wer­den in dem Band auch kon­kre­te Anre­gun­gen: Wir glau­ben, dass Linz als euro­päi­sche Kul­tur­haupt­stadt 2009 vor­ma­chen soll, was auf kom­mu­na­ler Ebe­ne für digi­ta­le Frei­hei­ten getan wer­den muss.
Aus Linz kom­mend füh­le ich mich in Ber­lin gut auf­ge­ho­ben. Natür­lich spie­len die bei­den Städ­te nicht in einer Liga, aber sie haben etwas gemein­sam, was sie von Salz­burg oder Wien posi­tiv abhebt: So wie sich Linz nach der Kri­se der Ver­staat­lich­ten Indus­trie neu erfin­den muss­te, so war für Ber­lin die Wie­der­ver­ei­ni­gung eine Art Reset, ein Neu­start. All das, wofür Salz­burg oder Wien berühmt sind, ist ja auch Bal­last. In die­sen Städ­ten steht das Alte oft dem Neu­en im Weg. Wie barock Wien und sei­ne Bewoh­ner in Wahr­heit sind, wird einem in Ber­lin auf Schritt und Tritt klar. An einem Bei­spiel: Die nied­ri­gen Laden­mie­ten in Ber­lin ermög­li­chen eine unglaub­li­che Viel­falt an künst­le­ri­schen und kom­mer­zi­el­len Expe­ri­men­ten. Es stimmt, dass jun­ge, krea­ti­ve Leu­te fast nichts ver­die­nen, aber dafür kön­nen sie in Ber­lin von fast nichts leben. Das erzeugt ein sehr offe­nes Klima.
Ein­mal im Monat fin­det der Web­mon­tag statt. Da ver­sam­meln sich jedes­mal gut 50 Men­schen, die irgend etwas mit Inter­net und Neu­en Medi­en machen: Pro­gram­mie­rer, Jour­na­lis­ten, Wis­sen­schaf­ter, Unter­neh­mer, Netz­ak­ti­vis­ten. Wer Lust hat, kann dort sein Pro­jekt prä­sen­tie­ren und sich Feed­back holen. Das zieht inzwi­schen auch Freun­de aus Öster­reich an: Wer in Ber­lin lebt, hat eigent­lich stän­dig Besuch.

auf­ge­zeich­net von ES; ver­öf­fent­licht in: Die Zeit, Nr. 41/2007
Teilen Sie diesen Beitrag
© 2024 blinklicht media lab
blinklicht medien rat & tat gmbh
Heinestraße 34/1b
1020 Wien
UID: ATU 62892007
FN: 283345i
usercartmagnifiermenu-circlechevron-down-circle
linkedin facebook pinterest youtube rss twitter instagram facebook-blank rss-blank linkedin-blank pinterest youtube twitter instagram