Bereits in meinen ersten Praktikumstagen als Koch war mir klar, dass die Küche nicht meine Welt ist. Dieser Lärm, dieses Geschrei, diese Aufregung. Alles Wahnsinnige, habe ich mir gedacht, als ein Kollege mit den Fritierkörben um sich warf. Ich wechselte ins Service und fühlte ich mich sofort wohl. Bis heute fasziniert es mich, die Bedürfnisse eines Gastes nach bestem Wissen zu befriedigen. Mein größtes Manko damals: Ich hatte keine Ahnung von Wein, mein Horizont endete bei Bacardi-Cola. Wollte jemand eine Weinempfehlung, musste ich herumreden. Bei meiner nächsten Stelle, im Hospiz am Arlberg, freundete ich mich mit dem Kellermeister an und nutzte die tägliche Zimmerstunde zum Verkosten. Drei Wintersaisonen hindurch ließ ich Tag für Tag meine Verkostungsnotizen kontrollieren. Als ich später den Präsenzdienst als Grenzschützer im Burgenland absolvierte, ging ich in meiner freien Zeit in Uniform zum Weinkosten.
Vor zehn Jahren konnte ich einen Sommelier-Wettbewerb beobachten. Grundsätzlich braucht man eine Menge Wissen, muss sich beim Blindverkosten bewähren und seine Kreativität beweisen, wenn man Weine zu bestimmten Speisen empfiehlt. Was sich da aber an Druck aufgebaut und in Blitzlichtgewittern entladen hat, ließ mich zurückschrecken. Das, habe ich mir geschworen, wirst du dir nie antun. Zum Glück fasste ich dann doch Mut. Vier mal konnte ich seither den Titel „Bester Sommelier Österreichs“ erringen. Als ich nach New York ging, verstanden viele meiner Freunde nicht, warum ich aufgebe, was ich erreicht hatte, nur um wieder ganz unten zu beginnen. Meine Antwort: That’s life! Wer immer auf Nummer sicher geht, bringt sich um die besten Chancen. Ich hätte es sonst nie zum „Best Sommelier in America“ und nie zum „Best Sommelier in the World“ gebracht. Vor allem wäre der „James Beard Award“ an mir vorbeigegangen. Für diesen Oscar des Restaurant-Business wurde ich nominiert und von einer Jury gewählt. Bei der Verleihung sind die ganz Großen wie Daniel Boulud und Alain Ducasse anwesend. Dass ich dort für mein „Outstanding Wineservice“ im Le Bernadin ausgezeichnet wurde, ist die Krönung meiner Karriere.
Mein Arbeitsalltag beginnt unspektakulär, mit Einkäufen, Verkostungen und dem Arrangieren der Weinbegleitung. Man sagt, dass der Wein zum Gericht passen muss. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Wenn eine Seite immer gibt und die andere nur nimmt, dann geht jede Beziehung in die Brüche. So ist es auch hier. Wer bei uns im Le Bernardin Thunfisch bestellt, etwa ein Kampachi Tartar mit japanischen Gurken und Zitronen-Vinaigrette, dem empfehle ich einen Grünen Veltliner Steinsetz vom Schloss Gobelsburg. Die Weinsäure durchschneidet den Fettgehalt des Fisches so aktiv, dass sich am Gaumen das Zitronige aus dem Wein und aus der Vinaigrette treffen können. Perfekt. Wenn die Gäste an dieser Kombinationen Gefallen finden, hat sich meine Mühe gelohnt.