Es geht auf eine Entscheidung meines Vaters zurück, dass ich mit 18 Jahren nach Österreich kam. Als Linker und Antiamerikaner wollte er den Einfluss des Kapitalismus auf seinen Sohn beschränken und schickte mich in die österreichische Schule. Dort legte ich dann auch die Matura ab.
Seit mehr als zehn Jahren betreibe ich in Wien mit meiner Freundin Eva Dertschei ein Studio für Grafikdesign. Wir gestalten Ausstellungen und machen Kunst. Dabei geht es uns immer um ein politisches Statement. Für das Jubiläum des 40-jährigen Bestehens des Neuen Berliner Kunstvereins haben wir unter dem Titel Kunst und Öffentlichkeit die Straße in den Ausstellungsraum geholt. Wir haben vier Meter lange Rohre zu Kunstbarrikaden aufgetürmt. Die Bilder hängen nicht an der Wand, sondern sind Teil dieser Barrikaden.
Ein anderes Projekt konnten wir vor dem Neubau des Klagenfurter Bezirksgericht realisieren. Wir ließen überdimensionierte Bleisatzbuchstaben aus Beton gießen, überzogen diese mit Aluminium und formten daraus spiegelverkehrt das Wort GERICHTSPRACHE. Auf der Oberseite des Buchstaben S durchbricht ein v‑förmiger Hatschek die glatte Oberfläche. So ist auch eine slowenische Lesart möglich. Dieses Werk steht jetzt für die nächsten 30 Jahre weithin sichtbar in der Landschaft.
Bei dieser Arbeit wurde mir klar, dass zwischen Kärnten und Guatemala Parallelen bestehen: die politische Rechte ist omnipräsent, Ausgrenzung von Minderheit gehört zum Alltag. In Kärnten sind davon vor allem die Slowenen, in Guatemala ist die indigene Bevölkerung betroffen. Sowohl bei den Slowenen wie auch bei den Indigenen produziert dieser Zustand sehr widerständige Strömungen, die viel kosmopolitischer sind als die Vertreter der herrschenden Macht. Mich überrascht daher nicht, dass ich in der slowenischen Minderheit in Kärnten gute Freunde gefunden habe.
Dreißig Jahre Krieg in Guatemala haben eine Million Vertriebene hinterlassen, 150.000 Menschen sind ins Ausland geflüchtet. Viele Guatemalteken haben engere Beziehungen zu Los Angeles oder New York City als zu den Großstädten Lateinamerikas. In meinem Selbstverständnis sehe ich mich daher nicht als Lateinamerikaner, sondern als Mittelamerikaner.
Dennoch muss ich der spanische Entwicklungszusammenarbeit zugutehalten, dass sie die künstlerische Avantgarde maßgeblich fördert. Dadurch ergibt sich auch für uns die Möglichkeit, in Guatemala zu arbeiten. Zuletzt realisierten wir eine Installation zum Thema Streik, die auch eine Reminiszenz an meinen Großvater ist. Er schrieb als Gewerkschafter eine Analyse über die Rolle der Schriftsetzer in der Revolution von 1944. Das waren ja lange die bestgebildeten Arbeiter. Und zwar in allen Kulturen, wie die Beispiele von Benjamin Franklin oder Franz Jonas zeigen.