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Montag, 24. März 2025

Spaß im Kleiderschrank

Die syrischen Brüder Yahia (35) und Zakaria Alkhaldi (34) betreiben das Vintage Closet auf der Taborstraße. Ihr Mantra: Kleider verdienen eine zweite Chance, recyceln statt wegwerfen, tauschen statt kaufen.
Gebrüder Alkhaldi: Klamotten für die Leopoldstadt

Wir haben eine Men­ge Plä­ne und arbei­ten ziem­lich viel. Da muss das Stu­di­um erst mal war­ten. Yahia ist nach Wien gekom­men, um hier sei­nen Mas­ter zu machen. Infor­ma­tik und Tele­kom­mu­ni­ka­ti­on. Da ist er wirk­lich gut und hat schon Wett­be­wer­be gewon­nen. Ich bin Ver­mes­sungs­tech­ni­ker und will eigent­lich auch wei­ter stu­die­ren. Aber jetzt geht das Geschäft vor. Und ehr­lich gesagt: es macht auch mehr Spass im Moment. Wir haben im ver­gan­ge­nen Jahr schon die zwei­te Filia­le eröff­net, im 9. Bezirk, in der Spi­tal­gas­se beim Alten AKH. Dort kommt der grö­ße­re Teil unse­rer Kund­schaft aus der Uni.

Hier im Zwei­ten sind wir lokal und inter­na­tio­nal zugleich. Nach­barn und Leu­te aus der Umge­bung schau­en bei uns rein. Wir sind recht aktiv in den Sozia­len Medi­en, haben viel gutes Feed­back auf Insta­gram und auf Goog­le einen coo­len Ruf. Inzwi­schen fin­den wirk­lich vie­le Tou­ris­ten zu uns. Zwi­schen 10 und 19 Uhr ist es ein stän­di­ges Kom­men und Gehen. Des­halb begin­nen wir jeden Tag damit, die Klei­der­stän­der mit neu­en Kla­mot­ten zu fül­len und gute Musik auf­zu­le­gen. Die Atmo­sphä­re ist wich­tig: man soll sich wohl­füh­len, so als ob man im eige­nen Klei­der­schrank nach dem Pas­sen­den sucht.

Unse­re Fami­lie kommt aus Syri­en, aus Alep­po. Die­ser syri­sche Zweig stammt von einer gro­ßen, bekann­ten ara­bi­schen Fami­lie ab. Wir haben Ver­wand­te in fast allen ara­bi­schen Län­dern. Tan­ten und Onkel, Cou­sins und Cou­si­nen in Kuweit, in Sau­di-Ara­bi­en, im Oman. Unser Urgroß­va­ter kam als ers­ter nach Aleppo.

Wir sind zehn Geschwis­ter. Zwei Schwes­tern leben noch in Amman. Unse­re gan­ze Fami­lie muss­te 2004 nach Jor­da­ni­en flüch­ten. Vater war ursprüng­lich Kampf­pi­lot und soll­te als Regie­rungs­geg­ner ver­haf­tet wer­den. Er konn­te nach Amman flie­hen. Am nächs­ten Tag sind wir alle nach­ge­kom­men. Bis 2015 habe ich dort mit Eltern und Geschwis­tern gelebt. Das Land war mit der gro­ßen Zahl von Flücht­lin­gen aber total über­for­dert, die Situa­ti­on war kaum noch zu ertra­gen. Also habe ich mich eines Tages auf den Weg gemacht. Erst in die Tür­kei und dann über die berühm­te Bal­kan­rou­te nach Europa.

Gelan­det bin ich schließ­lich in Deutsch­land, wo ich seit­her auch gelebt habe. Seit zwei Jah­ren besit­ze ich einen deut­schen Pass und bin stol­zer Deut­scher. Yahia und unse­re Eltern sind 2019 nach Wien gekom­men. Als unse­re Mut­ter vor einem Jahr gestor­ben ist, bin ich auch hier­her gezo­gen. Und seit­her ste­hen Yahia und ich jeden Tag in unse­rem Klei­der­schrank und haben Spaß.

Unser Idee ist ein­fach: Klei­dung hat eine zwei­te Chan­ce ver­dient, also soll man Gebrauch­tes re- oder upcy­celn und im Ide­al­fall immer wei­ter tau­schen. Noch kau­fen wir in Hol­land und viel in Ita­li­en. Da gibt es in jeder Stadt, in Napo­li, in Turi­no, in Firen­ze Tex­til­groß­händ­ler. Vie­le ken­nen und ver­trau­en uns mitt­ler­wei­le. Des­halb kön­nen wir dort sehr gezielt aus­su­chen, was zu uns passt. Wir wol­len natür­lich mög­lichst kli­ma­freund­lich arbei­ten, nicht mehr flie­gen und wenig Auto fah­ren. Des­halb suchen wir jetzt nach Mög­lich­kei­ten, wie wir in Öster­reich zu ent­spre­chen­der Ware kom­men. Gebrauch­te Klei­dung als Ein­zel­stü­cke anzu­kau­fen, geht sich lei­der nicht aus. Da haben wir zu wenig Platz und auch zu wenig Bud­get. Aber viel­leicht kön­nen wir irgend­wann eige­ne Con­tai­ner aufstellen.

Gera­de ent­wi­ckeln wir ein neu­es Modell: Mit­glied wer­den und Klei­der tau­schen. Man kauft zwei Hosen, zwei Hem­den, eine Jacke und bekommt einen ent­spre­chen­den Gut­schein dafür. Beim nächs­ten Mal bringt man den und die Kla­mot­ten wie­der zurück und sucht ein neu­es Set aus unse­rer Kol­lek­ti­on. Dafür brau­chen wir aber auch eine Wäsche­rei, die mit den Sachen so umgeht, wie wir das für rich­tig hal­ten. Viel­leicht müs­sen wir die dann auch sel­ber machen. Mal sehen.

In: https://​www​.zwi​schen​brue​cken​.at/​m​e​n​s​c​h​e​n​/​s​p​a​s​s​-​i​m​-​k​l​e​i​d​e​r​s​c​h​r​a​nk/
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