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WIR IN SALZBURG – Band I

ISBN: ----
Erscheinungsdatum:

 27,50

376 jun­ge Autorin­nen und Autoren erzäh­len in die­sen zwei Salz­burg-Bän­den, wie sie gewor­den sind, wie sie dahin gekom­men sind, wo sie heu­te leben, ler­nen, lie­ben, arbei­ten. Jede die­ser Geschich­ten gewährt also Ein­blick in ein Leben. In Sum­me erzäh­len sie aber auch von der Mög­lich­kei­ten des Zusam­men­le­bens, vom aktu­el­len Stand des gesell­schaft­li­chen Zusam­men­halts, natür­lich auch von Schwach­stel­len, die schnell zu Bruch­stel­len wer­den können.

„Ich will so lan­ge leben, bis ich sterbe.“
Ein Vor­wort von Lud­wig Laher 

Zeit mei­nes Autoren­le­bens emp­fand ich es als wesent­lich span­nen­der, Geschich­ten auf der Stra­ße auf­zu­le­sen, anstatt sie zu erfin­den. Hin­ter mei­nen Gegen­warts­ro­ma­nen ste­hen, um fik­tio­na­le Ele­men­te ergänzt, ech­te Men­schen aus Fleisch und Blut, mit denen ich je mehr­mals lan­ge, inten­si­ve Gesprä­che füh­ren durf­te. Mit man­chen davon habe ich noch heu­te Kontakt.

Vor­aus­set­zung für sol­che Unter­fan­gen ist eine grund­sätz­li­che Lust aufs Zuhö­ren. Es geht dar­um, Gesprächs­part­nern das Gefühl zu geben, wor­über sie zu berich­ten haben, sei wich­tig, zumin­dest alle­mal wert, in Wor­te geklei­det zu wer­den. Ich ver­dien­te mir mei­ne Spo­ren in den 1980ern, als ich für Ö1 sorg­fäl­tig gear­bei­te­te Hör­bil­der gestal­te­te. Sorg­fäl­tig gear­bei­tet, das heißt mög­lichst wenig ver­bin­den­der Text, statt­des­sen eine Kom­po­si­ti­on aus O‑Tönen, die eine Geschich­te ent­wi­ckeln, wei­ter­trei­ben, dar­über reflek­tie­ren, ande­re Sicht­wei­sen anbie­ten, ein- ander zuwei­len demen­tie­ren. Natür­lich, der Kom­po­nist war ich, ich gab dem Gan­zen ein Gesicht, eine Rich­tung. Aber da war viel Platz für unge­fil­ter­te Äuße­run­gen, auch für sol­che, die dem Gestal­ter der Sen­dung gegen den Strich gingen.

Um und Auf für ein Gelin­gen der jewei­li­gen Pro­duk­ti­on war die Zurück­hal­tung des­sen, der etwas erfah­ren will. Ziel war es, Men­schen zu moti­vie­ren, mög­lichst ohne mei­ne Zwi­schen­f­ra- gen oder Ein­wür­fe Erleb­tes zu schil­dern, Mei­nun­gen zu ver­tre­ten, Gedan­ken zu ent­wi­ckeln, sich klar wer­den zu dür­fen. Des­we­gen war es mir dar­um zu tun, mein Inter­es­se, mein Wis­sen- wol­len ledig­lich durch unauf­dring­li­che, gleich­wohl akti­ve Prä­senz zu ver­mit­teln, durch Bli­cke etwa, durch Kopf­ni­cken, durch Zeit­neh­men für die Sache.

Die meis­ten sind es nicht gewohnt, einem frem­den Gegen­über über ihr Leben, ihre Pro- ble­me, ihre Freu­den, ihre Lieb­ha­be­rei­en oder ihre Hal­tun­gen wirk­lich Bescheid zu geben. Dass das auf den fol­gen­den Sei­ten so häu­fig und teil­wei­se so inten­siv, so intim geschieht, spricht einer­seits für das metho­di­sche Geschick der für das Pro­jekt Ver­ant­wort­li­chen, ande­rer­seits für den gro­ßen Bedarf. „Es tut gut, sich von der See­le zu reden, was einen belas­tet“, heißt es wört­lich am Ende der detail­lier­ten Schil­de­rung einer kon­flikt­träch­ti­gen Mut­ter­be­zie­hung. Ein Buch wie das vor­lie­gen­de hat einen ganz ande­ren Cha­rak­ter als die typi­sche Kom­mu­ni­ka­ti­on unter Facebook-‚Freundinnen und ‑freun­den‘ oder in den meis­ten ande­ren mehr oder weni­ger sozia­len Internetforen.

Jun­ge Leu­te tre­ten hier, weit­ge­hend anonym zwar, vor ein Lese­pu­bli­kum und dür­fen mono­lo­gi­sie­ren. Nie­mand will etwas Bestimm­tes hören, nie­mand unter­bricht sie, for­dert eine bestimm­te Wör­ter­an­zahl, die – wie es im Schul­le­ben üblich gewor­den ist – bei Unter- oder Über­schrei­ten Abzü­ge in der Noten­fin­dung zur Fol­ge hat, weil das Wie, die Fer­tig­keit, die Kom­pe­tenz, Vor­ga­ben zu ent­spre­chen, mehr zählt als das Was, der Inhalt. Die einen haben kaum etwas zu sagen, ande­re wol­len so gut wie nichts preis­ge­ben, wie­der ande­re spru­deln nur so und scheu­en sich auch nicht davor, äußerst Unan­ge­neh­mes an- und aus­zu­spre­chen: Flucht vor dem Krieg und vor der Gesetz­lo­sig­keit in geschei­ter­ten Staa­ten, Gewalt­ex­zes­se in der Fami­lie, Alko­ho­lis­mus und Spiel­sucht der Eltern, Schei­dun­gen, Erkran­kun­gen und Todes­fäl­le, Dro­gen, Klein­kri­mi­na­li­tät, Mob­bing sowie chro­nisch gewor­de­ne psy­chi­sche Pro­ble­me bis hin zu Sui­zid­ver­su­chen samt ihren mög­li­chen Ursa­chen. Von der­lei Tief­schlä­gen Ver­schon­te beto- nen dage­gen nicht sel­ten, wie glück­lich sie sind, von Dank­bar­keit ist immer wie­der die Rede und von erwi­der­ter Zunei­gung, in der Fami­lie, in Part­ner­schaf­ten, durch das Lieb­lings­tier. Sehn­sucht steht neben Zufrie­den­heit, Aggres­si­on neben Gelas­sen­heit, Arro­ganz neben Beschei­den­heit, Glück neben Elend.

Die einen füh­len sich behei­ma­tet, geer­det, die ande­ren wild hin- und her­ge­wor­fen. Es ist wenig ver­wun­der­lich, dass beson­ders Jugend­li­che mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund oft nicht recht wis­sen, wo sie dazu­ge­hö­ren, dazu­ge­hö­ren wol­len, sol­len. Bei jenen erstaun­lich vie­len, die ernst­haft erwä­gen, spä­ter in das Land ihrer Eltern, ihrer Vor­fah­ren über­zu­wech­seln, las­sen sich die unter­schied­lichs­ten Grün­de dafür zumin­dest durch­spü­ren: Ver­wur­zelt­sein in kul­tu­rel- len Tra­di­tio­nen, die hier­zu­lan­de wenig Anklang jen­seits bestimm­ter Com­mu­ni­tys fin­den, per- sön­lich emp­fun­de­ne Ableh­nung durch die öster­rei­chi­sche Mehr­heits­ge­sell­schaft, ein in den letz­ten Jah­ren ver­stärkt popu­lär gewor­de­ner Natio­na­lis­mus als schein­bar iden­ti­täts­för­dern­des Lebens­eli­xier sind nur eini­ge davon.

Etli­chen (natur­ge­mäß männ­li­chen) Jugend­li­chen fließt das Tes­to­ste­ron nur so aus der Feder, das Stre­ben nach platz­hirsch­ar­ti­ger Prä­senz. Ande­re stel­len sich selbst in den Schat- ten, wer­den kaum greif­bar, blei­ben blass. Man­che wir­ken, meist schreck­li­chen Lebens­schick- salen geschul­det, weit älter als die Zahl ihrer Jah­res­rin­ge. Das bun­te, auf­schluss­rei­che Text­ka­lei­do­skop lehrt uns in jedem Fall über­zeu­gend, dass For­tu­na ihr Füll­horn alles ande­re als gleich­mä­ßig über die Kin­der die­ses Pla­ne­ten ausgießt.

Apro­pos leh­ren: Die Buch­rei­he WIR. BERICH­TE AUS DEM NEU­EN OE dreht den gän­gi­gen Lehr­spieß um. Jugend­li­che, gewöhn­lich als Aus­kunfts­per­so­nen, als The­men­set­zer wenig gefragt, las­sen alle, die sich auf ihre Tex­te ein­las­sen, ganz ohne aus­ge­fah­re­nen Zei­ge­fin­ger in die Leh­re gehen. Zumin­dest mit­tel­bar wer­den Lese­rin­nen und Leser mit den immensen Her­aus­for- derun­gen kon­fron­tiert, denen sich die­se Gene­ra­ti­on gegen­über­ge­stellt sieht, ohne viel Chan­ce auf ech­te Par­ti­zi­pa­ti­on und ver­bes­ser­te Rah­men­be­din­gun­gen für ihre Existenz.

Oft heißt es, Soli­da­ri­tät und gemein­schaft­li­ches Wol­len spiel­ten bei den Kids heut­zu­ta­ge eine ver­gleichs­wei­se unter­ge­ord­ne­te Rol­le. Natür­lich kämp­fen nicht weni­ge für sich allein, sehen die ande­ren vor­nehm­lich als Kon­kur­renz, als Bedro­hung: „Ich habe nie jeman­den gebraucht, der mir wei­ter­hel­fen muss, denn ich weiß, dass fast kei­ne Freund­schaft echt ist und dass fast alles eine Lüge ist. Ich weiß jetzt, wie man sich Pro­ble­men stellt. Ich weiß, wie man aus dem Dreck raus­kommt oder wie man etwas kriegt, was man möch­te.“ Aber die Aus­sa- gen der meis­ten ste­hen ein­deu­tig gegen die Ell­bo­gen­ge­sell­schaft und hono­rie­ren Zuwen­dung, Hil­fe, blo­ßes Dasein für ande­re häu­fig mit berüh­ren­den Wor­ten. Gesell­schaft­li­che Defi­zi­te wer- den durch­aus erkannt, machen nicht sel­ten Angst, nur kann sich kaum ein jun­ger Mensch jen- seits des aller­pri­va­tes­ten Umfelds vor­stel­len, für gemein­schaft­li­che Inter­es­sen einzutreten.

Vie­le sind sich der Ursa­chen für das, was ihnen abgeht, weh­tut, womit sie zu kämp­fen haben, voll­kom­men bewusst. Vor ihren Ana­ly­sen, ihrer Rei­fe, ihren Ver­su­chen, etwa Eltern­tei- len, von denen sie sich allein­ge­las­sen oder schlecht behan­delt füh­len, trotz allem Gerech­tig- keit wider­fah­ren zu las­sen, kann man nur den Hut zie­hen. Und doch schei­nen ihnen Aus­we­ge ver­baut, schei­nen Bezugs­per­so­nen unwil­lens oder außer­stan­de mit­zu­hel­fen, den ver­fah­re­nen Kar­ren mit­ein­an­der aus dem Dreck zu zie­hen. Manch­mal wür­de es wohl aus­rei­chen, erfah­re­ne Media­to­ren beizustellen.

Nur ganz weni­ge sind bewusst dar­auf aus, sich vor der Öffent­lich­keit als Wider­lin­ge zu insze­nie­ren, aber auch fishing for com­pli­ments, bewuss­tes Sym­pa­thie­h­ei­schen kommt kaum vor. Genau das macht die gro­ße Mehr­heit der Bei­trä­ge­rin­nen und Bei­trä­ger so sympathisch.

Erstaun­lich, dass man­che sich der ele­men­ta­ren Wider­sprü­che ihrer eige­nen Argu­men­ta- tion gar nicht bewusst sind: „Ich hof­fe, dass die Men­schen es end­lich kapie­ren, wie sie mit ihrer Umwelt umge­hen soll­ten. Schließ­lich ist es unse­re Zukunft und unse­re Erde, die die heu- tige Jugend bewoh­nen soll. Außer­dem kann ich dann kein Haus bau­en, wenn alles zuge­baut ist.“ An die­ser Stel­le etwa wäre anzu­set­zen, nicht in die­sem Buch, des­sen gro­ße Leis­tung in der nahe­zu kom­men­tar­lo­sen Prä­sen­ta­ti­on der Bei­trä­ge besteht, son­dern im wirk­li­chen Leben, zuvor­derst in der Schu­le, der frei­lich der­ma­ßen viel auf­ge­bür­det wird, dass die Leh­re­rin­nen und Leh­rer für zen­tra­le Berei­che wie das sozia­le Ler­nen kaum Zeit auf­wen­den können.

Jun­ge Leu­te ernst zu neh­men bedeu­tet in einem ers­ten Schritt, ihnen ohne Ein­schrän­kung die Mög­lich­keit ein­zu­räu­men, frisch von der Leber weg über alles zu reden, was ihnen auf dem Her­zen liegt. Dann aber gin­ge es in vie­len Fäl­len dar­um, auf­ge­wor­fe­ne The­men, (Vor-)Urteile und Wider­sprü­che in einen pro­duk­ti­ven Pro­zess der Aus­ein­an­der­set­zung über­zu­füh­ren, und sei es zunächst nur, indem man nachfragt.

Du möch­test dir ein eige­nes Haus bau­en und fürch­test, es nicht zu kön­nen, weil die ande- ren mit der Umwelt, unse­rer Erde rück­sichts­los umge­hen und alles zuge­baut haben wer­den, bis du an der Rei­he bist? Was für eine Logik steckt da dahin­ter? Sollst du dür­fen, was du ande­ren zum Vor­wurf machst? War­um eigentlich?

Du möch­test zum tür­ki­schen Mili­tär, weil du für dein Land kämp­fen willst? Dazu braucht man aber einen Krieg oder Ähn­li­ches. Bist du also aufs Krieg­füh­ren aus und wenn ja, wieso?

Du schreibst unver­mit­telt und schein­bar zusam­men­hang­los den Satz: Alle has­sen den Ver- räter, doch lie­ben den Ver­rat. Was willst du uns damit eigent­lich sagen?

Eine gan­ze Rei­he von Bur­schen und Mäd­chen stellt selbst die ent­schei­den­den Fra­gen, auch sol­che, die ans Ein­ge­mach­te gehen. Der­lei darf man wohl als ein Ange­bot zum Dia­log bis hin zum Hil­fe­schrei in extre­men Fäl­len ver­ste­hen: Bin ich anders? Wie schaut denn so ein „Aus­län­der“ aus? War­um wur­de ich zur Außen­sei­te­rin? Wie­so muss man sich denn immer über­all anpas­sen? Wie soll man sich einer schwer Depres­si­ven gegen­über verhalten?

Wenn ich das Gefühl habe, eine gro­ße Pro­sa ist mir gelun­gen, ist das schön. Noch schö- ner aller­dings ist es, wenn die ech­ten Men­schen, die hin­ter mei­nen Roman­cha­rak­te­ren ste­hen, durch die gemein­sam ver­brach­te Zeit und das Ein­tau­chen in ihre Geschich­te, durch mein Nach­fra­gen und ihr eige­nes Wei­ter­spin­nen hin­ter­her einen Schritt wei­ter sind. Und was ich selbst alles aus die­sen Begeg­nun­gen ver­ste­hen gelernt habe, lässt sich nicht annä­hernd in Wor­te fas­sen. Zuwei­len gelingt es mit ver­ein­ten Kräf­ten sogar, im wirk­li­chen Leben bedrü­cken­de Hin­der­nis­se aus dem Weg zu räumen.

Als gelun­gen kann ich ein Roman­vor­ha­ben dann emp­fin­den, wenn ich es schaf­fe, eine Sto­ry so zu erzäh­len, dass sie ganz nah an ein­zel­nen Men­schen bleibt und gleich­zei­tig doch die gesell­schaft­li­che Ver­fasst­heit, die Struk­tu­ren, in die wir, ob wir wol­len oder nicht, ein­ge- bet­tet sind, zum The­ma macht. Und das mög­lichst unaufdringlich.

Bücher wie die­ses leis­ten das­sel­be. Sie sind mehr als die blo­ße Sum­me ihrer ein­zel­nen Bestand­tei­le. Ihnen las­sen sich auf­schluss­rei­che Befun­de über die Ver­fasst­heit die­ses Öster- reich, die­ses Salz­burg ent­neh­men, und zwar aus dem Blick­win­kel derer, die bald ein­mal das Ruder über­neh­men wer­den (müs­sen). Am ein­dring­lichs­ten ist für mich die Erkennt­nis, dass alle reak­tio­nä­ren Ver­su­che, Men­schen wegen ihrer Her­kunft oder Reli­gi­on erneut von vorn- her­ein in gute und schlech­te ein­zu­tei­len, in die uns­ri­gen und die frem­den, Dis­kri­mi­nie­rung zu schü­ren, wo es nur geht, und Zwie­tracht in die Köp­fe ein­zu­pflan­zen, nach gründ­li­cher Lek­tü­re die­ses Buches dis­kre­di­tiert, über­zeu­gend ent­tarnt sind. Ent­tarnt als bös­wil­li­ge Ver­ken­nung des Umstan­des, dass wir es in ers­ter Linie mit grund­sätz­lich ähn­lich gestrick­ten Men­schen zu tun haben, ganz gleich, ob sie tür­ki­sche, viet­na­me­si­sche oder Tiro­ler Wur­zeln haben, ganz gleich, wel­chen Gott sie anbe­ten oder über­wun­den haben. Über­all gibt es, no na, Schlitz­oh- ren, Durch­schnitts­zeit­ge­nos­sen und wun­der­ba­re Men­schen. Hören wir hin, hören wir zu.

In die­sem Buch steht ein Satz, den ich sofort notie­ren muss­te. Aus dem Kon­text erschließt sich, dass er wahr­schein­lich gar nicht so gemeint war, wie ich ihn ver­ste­hen woll­te. Im Gegen­teil: Die Fünf­zehn­jäh­ri­ge, die ihn zu Papier brach­te, ist des­il­lu­sio­niert von den wid­ri- gen Umstän­den, unter denen sie auf­wach­sen muss. Künst­le­rin wür­de sie ger­ne wer­den, aber die Mut­ter besteht dar­auf, dass sie Fri­seu­rin wird. Ihre Brü­der sind den Eltern gegen­über respekt­los und der Schwes­ter gegen­über igno­rant, arbei­ten nicht, trotz­dem zäh­len sie für die Mut­ter weit mehr als die Toch­ter. Der Vater ist spiel­süch­tig, betrügt sei­ne Frau. „Ich will eigent­lich nur Geld ver­die­nen und so lan­ge leben, bis ich ster­be. Ich hab auch kei­ne Freun­de, weil ich sehr ver­schlos­sen bin, und eigent­lich habe ich nie jeman­dem so viel anver­traut, wie ich hier geschrie­ben habe.“

Ich sehe Lese­rin­nen und Leser schmun­zeln und der jun­gen Frau auf die Schul­ter klop­fen: Kei­ne Ban­ge, dein Wunsch, bis zu dei­nem Tod zu leben, wird garan­tiert in Erfül­lung gehen. Aber nicht nur die Sum­me kann mehr sein als die ein­zel­nen Tei­le, auch ein Text kann klü­ger, viel­schich­ti­ger sein, als sei­ne Urhe­be­rin es beab­sich­tig­te. Mir ver­mit­telt er näm­lich, dass das gewe­se­ne Kind leben möch­te, bis es stirbt. Leben und nicht vegetieren.

Dr. Lud­wig Laher ist Schrift­stel­ler und lebt in St. Pan­ta­le­on im Grenz­ge­biet Bayern/​Salzburg/​Oberöster­reich sowie in Wien. 

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