„Jeder Einzelne muss seinen Beitrag leisten, etwas riskieren, Ideen entwickeln und etwas erfinden“, formulierte der brasilianische Architekt Oscar Niemeyer mit 104 Jahren Lebenserfahrung: „Wenn ich mir überlege, was ich einem jungen Menschen heute raten soll, würde ich sagen: Versuche etwas zu tun, irgendetwas!“ Genau davon handeln die in diesem Band gesammelten Berichte von Jugendlichen aus Wiener Berufsschulen. Etwas tun. Etwas beginnen. Etwas riskieren. Einen Beitrag leisten. Ein Leben führen.
„Ich kam 1994 auf die Welt. Kurz danach fing der zweite Tschetschenienkrieg an. Bis zum neunten Lebensjahr war mein Leben vom Krieg geprägt. Dann wanderten wir (Kernfamilie) nach Österreich aus. Ich kam das erste Mal in die Schule und sah die Welt ein bisschen anders. Man lernt dadurch, die selbstverständlichen Sachen besser zu schätzen.
Ein Tagesablauf in Tschetschenien: Ich lebte in einem Dorf, weil es in der Hauptstadt zu gefährlich war. Nach dem Aufstehen wurde gefrühstückt, dabei kam es drauf an, ob der Strom da war. Denn meistens fiel er aus. Nach dem Essen ging ich meistens mit Freunden spielen. Wie spielten Fangen, Verstecken oder bastelten uns Spielzeugwaffen aus Holz, was ein biss- chen ironisch ist, weil Krieg war. Man sah an manchen Tagen Panzer durch die Straßen fahren, Hubschrauber oder Flugzeuge in der Luft waren fast Standard, und die Geräusche der Kalaschnikows störten ein bisschen beim Einschlafen.
Einmal kamen die Russen in unser Haus, weil sie auf der Suche nach jemandem waren. Sie holten uns alle aus dem Haus heraus und stellten die männlichen Mitglieder an die Wand. Einer durchsuchte sie, während andere mit Waffen auf sie zielten, falls sie eine falsche Bewegung machten. Den Mann, den sie gesucht haben, konnten sie aber dennoch nicht fangen.“ Jemilchan, 19