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Freitag, 12. September 2025

Viel los, wenig Plan 

Dorf und Weltstadt in einem – die Performerin, Musikerin und Schauspielerin Barča Baxant (47) genießt, was die Brigittenau zu bieten hat.
Zuletzt geändert am 17. November 2025
Foto: ©Christopher Mavric

Die längs­te Zeit hab ich nur für mich geschrie­ben, eng­li­sche Tex­te zu mei­nen eige­nen Melo­dien, Pop­mu­sik. Mit 20 bin ich nach Lon­don gezo­gen, um Super­star zu wer­den. Da ist mir aber mein Heim­weh dazwi­schen gekom­men. Wenn man von woan­ders kommt, dann ist Hei­mat dort, wo die Eltern, wo die Geschwis­ter sind. Und mei­ne waren eben in Wien. Nach­dem mei­ne Eltern die Char­ta 77 unter­schrie­ben hat­ten, muss­ten sie 1984 mit uns Kin­dern aus der Tsche­cho­slo­wa­kei emi­grie­ren. Wir sind damals direkt nach Wien gekom­men, in den 20., in die Ley­stra­ße. Spä­ter haben wir eine Gemein­de­woh­nung in Sim­me­ring bekom­men. Der lie­be Krei­sky hat dafür gesorgt, dass alle, die die­se Peti­ti­on gegen die Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen unter­schrie­ben hat­ten und flüch­ten muss­ten, den öster­rei­chi­schen Pass bekom­men. So etwas kann man sich heu­te kaum noch vorstellen.

Ich habe vier Brü­der und eine Schwes­ter. Wir haben mit unse­rem Vater viel gesun­gen. Und es gab eine Gitar­re. Also haben wir alle Gitar­re gespielt. Als ich Madon­na und Micha­el Jack­son ent­deckt habe, war klar: das will ich auch, ich will Pop­sän­ge­rin wer­den. Ich habe Alben auf­ge­nom­men, mit „Prin­cess Him“, mit „Sili­co­ne Pump­gun“, mit Chris­ti­an Eig­ner, dem öster­rei­chi­schen Drum­mer von „Depe­che Mode“. Mit „The Band­a­loop“ war ich in der öster­rei­chi­schen Vor­ausschei­dung zum Euro­vi­si­ons Song Con­test. Und schließ­lich habe ich mit einem One-Woman-Stück als Schau­spie­le­rin begon­nen. Ernst­haft stu­diert habe ich ab 2015 im diver­CI­TY­LAB von Asli Kişal. Kos­ten­lo­ser Schau­spiel­un­ter­richt für Men­schen mit ganz diver­sen Hin­ter­grün­den. Ich war da die Ältes­te. In einer her­kömm­li­chen Schau­spiel­schu­le hät­te ich kei­ne Chan­ce mehr gehabt. Es war jeden­falls groß­ar­tig. Nach vier Jah­ren hab ich das mit der Büh­nen­rei­fe­prü­fung abge­schlos­sen. Dann kam die Pan­de­mie über uns und mein Sohn Zito auf die Welt. Jetzt wird er fünf Jah­re alt.

Wir leben beim Gauss­platz und genie­ßen den 20. Bezirk. Das ist unser Dorf. Wir gehen in den Augar­ten, ins Bri­git­ten­au­er Bad, in die Biblio­thek in der Pap­pen­heim­gas­se. Beim Prindl ist das Brot wie­der bes­ser als es schon mal war. Auf der Wal­len­stein­stra­ße gibt’s ein Super­eis­ge­schäft. Nicht so gut wie der Tichy, aber auch sehr gut. Mit Blick auf all die Men­schen, die hier leben, ent­wick­le ich manch­mal sogar leich­te Groß­stadt­ge­füh­le. Sehr cool das alles jedenfalls.

Im Moment bin ich mit Pro­ben am Kos­mos-Thea­ter beschäf­tigt. „Die Milch­frau“ wird dort jetzt zum drit­ten Mal ins Pro­gramm genom­men. Das Stück basiert auf dem auto­bio­gra­fi­schen Roman von Alja Rach­ma­no­wa. Eine Greiß­ler­ein im Otta­kring der 1930er Jah­re ver­sucht, eine Exis­tenz für ihre Fami­lie zu schaf­fen. Im Hun­gern und im Fres­sen zei­gen die Men­schen Ihre Frat­zen, heißt es in einem Pro­mo-Text zum Stück. Unser Arbei­ten jetzt ist aber sehr ange­nehm, weil alles schon da ist. Anstren­gend ist nur der Umstand, dass wir in einem Was­ser­be­cken spie­len und rau­fen und es dabei sehr kalt wird. 

Paul Plut hat die Musik zur „Milch­frau“ kom­po­niert und spielt sie bei den Auf­füh­run­gen auch live. Er hat mich vor eini­ger Zeit gefragt, ob ich in sei­ner Band „Viech“ als Sän­ge­rin mit­ma­chen möch­te. Da spie­le ich jetzt zum ers­ten Mal auch wie­der Gitar­re. Eigent­lich war ich als Gitar­ris­tin nie beson­ders gut. In der Band wer­de ich aber immer bes­ser. Wir haben gera­de ein neu­es Album auf­ge­nom­men, Voll­mond, aus­ge­hend von der Idee, dass es vie­le Sachen gibt, die man bei Voll­mond eher nicht machen soll­te. Das prä­sen­tie­ren wir am 18. April im rhiz wien am Gürtel.

Im Herbst wer­de ich in einem neu­en Stück spie­len, „Die ver­schis­se­ne Zeit“, nach dem Buch von Bar­bi Mar­ko­vic. Dar­auf freue ich mich. Bis dahin soll­te ich noch ein bissl inten­si­ver dar­über nach­den­ken, was ich eigent­lich machen möch­te. Die Schau­spie­le­rei ist inter­es­sant, aber der Gesang ist mein Zuhau­se. Ich soll­te mehr mit und an der Musik arbei­ten. Und vor allem soll­te ich wie­der eine Solo-Show machen. Wir wer­den sehen.

Auf­ge­zeich­net von Ernst Schmiederer 

(www​.ernst​schmie​de​rer​.com)

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