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Montag, 24. März 2025

Menschen zusammenbringen

Die Kunsthistorikerin Christine Bruckbauer (56) betreibt auf der Heinestraße „philomena+“, eine Kunst- und Architekturplattform für Zusammenarbeit.
Zuletzt geändert am 24. März 2025
Christine Bruckbauer ist gut vernetzt und verwoben
Foto: ©Christopher Mavric

Eigent­lich ist Phi­lo­me­na ein Frau­en­na­me. Aus dem Grie­chi­schen über­tra­gen steht der ers­te Teil des Wor­tes für lie­bend, zuge­tan. Und mena läßt sich als Stär­ke, Mut oder Lebens­kraft über­set­zen. Wir hat­ten MENA als geo­gra­fi­schen Begriff gefasst – „Midd­le East North Afri­ca“, weil wir uns bei phi­lo­me­na+ mit Men­schen und Ideen aus die­sem Raum ver­bin­den. Inzwi­schen hat sich die Erde wei­ter­ge­dreht, man spricht heu­te von der WANA-Regi­on und meint „West Asia North Afri­ca“. Die Per­spek­ti­ve hat sich also geän­dert, der Anspruch ist gleich geblie­ben: wir bau­en Brü­cken zwi­schen Men­schen, zwi­schen Kul­tu­ren, zwi­schen Spra­chen, zwi­schen Wel­ten, bei­spiels­wei­se zwi­schen Wien und Tunis. Und dafür haben wir – mei­ne Kol­le­gin Negar Hakim und ich – phi­lo­me­na+ als Ort der Begeg­nung, als Lokal, als Aus­stel­lungs­raum, als Büro und auch als resi­den­cy für unse­re Gäs­te geschaffen.

In Tunis habe ich sechs Jah­re gelebt und an der Manou­ba Uni­ver­si­tät Kunst­ge­schich­te unter­rich­tet. Davor war ich drei Jah­re in Eng­land und fünf in Paki­stan. An all die­se Orte hat es mich ver­schla­gen, weil Chris­ti­an, mein Mann, dort beruf­lich tätig war. Unse­re Toch­ter Loui­se und unser Sohn Leo­pold sind in die­sen Län­dern auf­ge­wach­sen. Nicht zuletzt ihret­we­gen sind wir vor zehn Jah­ren wie­der nach Wien gezo­gen – wir woll­ten ihnen Euro­pa nicht vorenthalten.

Ich habe in die­sen Jah­ren mei­ne aka­de­mi­sche Aus­bil­dung mit einer Dis­ser­ta­ti­on über die zeit­ge­nös­si­sche Minia­tu­ren­ma­le­rei in Paki­stan abge­schlos­sen und damit ein Fun­da­ment für mei­ne Arbeit im zwei­ten Bezirk gelegt. Ich woll­te mich nie mit Kunst um der Kunst wil­len beschäf­ti­gen. Befrie­di­gung ver­schafft mir, wenn es gelingt, über die Kunst bren­nen­de gesell­schafts­po­li­ti­sche The­men zu ver­han­deln und Men­schen zusam­men­zu­brin­gen, die sich im All­tag viel­leicht nicht tref­fen wür­den. Bei phi­lo­me­na+ rea­li­sie­ren wir im Team Jahr für Jahr fünf Pro­jek­te. Dazu laden wir Gastkünstler*innen nach Wien, um sie mit hier leben­den Kunst­schaf­fen­den zusammenzubringen.

Gera­de koope­rie­ren die aus Jeru­sa­lem stam­men­de und in Rot­ter­dam leben­de Noor Abua­ra­feh und die aus Damas­kus stam­men­de und in Wien leben­de Huda Takri­ti in einer Aus­stel­lung bei uns. Sie fokus­sie­ren auf Lücken in der Geschichts­schrei­bung und in den Archi­ven sowie auf die Prak­ti­ken des Erin­nerns. Die nächs­te Aus­stel­lung im April wird „car(ry)ing memo­ries“ hei­ßen und eine Kom­po­nis­tin aus dem Liba­non mit einer in Wien leben­den pol­ni­schen Künst­le­rin zusam­men­brin­gen. Wie üblich koope­rie­ren wir auch hier mit ande­ren Ver­ei­nen und Insti­tu­ten, dies­mal mit dem Salam Music Fes­ti­val. Und so gibt es neben der Aus­stel­lung auch eine Sound Per­for­mance im Flucc am Praterstern.

So ver­netzt und ver­wo­ben genie­ße ich das Leben im zwei­ten Bezirk. Hier sind mehr als 110.000 Men­schen zuhau­se, Viel­falt ist All­tag. Der Pra­ter­stern ist als öffent­li­cher Raum ein unend­li­ches Beob­ach­tungs- und Betä­ti­gungs­feld, stän­dig in Ver­än­de­rung begrif­fen. Wir nut­zen ihn gern für Inter­ven­tio­nen, zumal er mit dem Bahn­hof ein beson­ders diver­ses Publi­kum anzieht. Bei uns im Haus höre ich vie­le Fami­li­en rus­sisch spre­chen. Im Sozi­al­bau-Block vis-a-vis leben eher Men­schen, die auf eine güns­ti­ge­re Woh­nung ange­wie­sen sind. In den Dach­bö­den der umlie­gen­den Gebäu­de gibt es exor­bi­tant teu­re Luxus­ap­par­te­ment. Auch der Vol­kert­markt ist so ein beson­de­rer Ort, der von ganz unter­schied­li­chen Com­mu­ni­ties neben­ein­an­der genutzt wird. Die­se Diver­si­tät aus kul­tu­rel­ler aber auch aus öko­no­mi­scher Sicht macht den Zwei­ten für mich lebens­wert und für mein Tun so beson­ders interessant.

Auf­ge­zeich­net von Ernst Schmie­de­rer; ver­öf­fent­licht auf zwischenbrücken.at
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